Gesellschaft

Gebrabbel der Gescheiterten

Ein moralisch fragwürdiger Krieg wurde vor 20 Jahren angeschoben, für dessen Verlauf und dessen Ende keinerlei Strategie vorhanden, der unzählige Menschenopfer forderte und finanziell als ruinöses Abenteuer über die Bühne ging. Nun das große Erwachen zwischen Katastrophe und Katzenjammer. Der politische Fehler dieser Invasion konnte militärisch nie gut gemacht werden. Dabei wurde übrigens Pakistan, das eigentliche Nährbodenland für islamistischen Terror, nebenher engster Verbündeter der USA in der Region und nicht nur mit 210 Millionen Einwohnern gesegnet, sondern auch mit 165 Atomsprengköpfen ausgerüstet, natürlich nie behelligt. Behelligt werden wollen auch die Deutschen nur ungern. Sie beharren stets darauf, Volk und Politik darin einig, ewigen Anspruch zu besitzen, von Elend und Zuständen dieser Welt bitte unbehelligt zu bleiben. Deutsche lassen sich auch gern zusichern, dass ihr Wohlbefinden und Wohlstand nicht beeinträchtigt werden darf. Bricht die unschöne Seite der Welt dennoch mit Macht herein, wird hierzulande zuerst durch die Sprache getorkelt.

„Der Westen muss verlässlich sein“, verkündete Armin Laschet zum Thema Afghanistan. Auf dem Flughafen Kabul, wo sich Menschen an Tragflächen abgehender Militärmaschinen klammern, lässt sich diese Verlässlichkeit in Reinkultur erleben. Ein toller Reklamefilm über die Verlässlichkeit des Westerns läuft da gerade um den Globus. Es wäre nicht Laschet, wenn da nicht noch mehr käme: „Afghanistan darf nicht erneut zur Plattform für den internationalen Terrorismus werden. Das war das erste Ziel des Afghanistaneinsatzes und dieses Ziel gilt weiter. Die USA und Europa müssen dazu gemeinsam eine Strategie abstimmen.“ Über diesen Mix aus Weltfremdheit, Unverfrorenheit und Unkenntnis kann man nur noch den Kopf schütteln. Aber immerhin hat dieser Kanzlerkandidat doch noch eine bahnbrechende Idee. Das Bundeskanzleramt benötige in Zukunft, so twitterte der CDU Vorsitzende, dringend einen „Nationalen Sicherheitsrat“. Tolle Idee. Ein echter Laschet. Diesem Sicherheitsrat würde natürlich kein Geringerer als der Bundeskanzler vorstehen, also Laschet höchstpersönlich. Eine Art Feldherr ohne Hügel, vielleicht mit Dreispitz auf dem Kopf. Jene Kopfbedeckung allerdings eher aus dem Karneval als von Napoleons Haupt. Gott steh uns bei oder um es mit einem leicht abgewandelten Heinrich Heine zu sagen: „Denk ich an Deutschlands politische Klasse in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.“

Teil eines solchen Sicherheitsrates wäre natürlich der Verteidigungsminister. Dieses Amt hat momentan Annegret Kramp-Karrenbauer inne. Jene Ministerin verkündete nach einer Sitzung vor dem Konrad-Adenauer-Haus der CDU: „Viele im CDU-Bundesvorstand denken an die Menschen in Kabul.“ Na da werden sich die Menschen in Kabul vor Freude nicht mehr einkriegen. Dann schob die Ministerin etwas Entlarvendes nach. „Für die Bundeswehr ist klar und es hängt extrem von der Unterstützung der amerikanischen Seite ab, werden wir so viele wie möglich in so vielen Umläufen wie möglich aus Kabul in den nächsten Tagen herausfliegen.“

Transall C-160 als letzte Hoffnung vieler Afghanen (Foto: riko_23 auf Pixabay)

Mal wieder hängt eigene Verteidigungs- oder/und Schutzfähigkeit für sich und andere von den Amerikanern ab. Die Bundeswehr muss sozusagen auf Beihilfe und Schutz einer anderen Armee bauen. Welch trauriger Offenbarungseid aus dem politischen Berlin. Ein anderer aus diesem politischen Berlin salbadert es kürzer in die Welt. „Wir haben die Lage falsch eingeschätzt“ kommt es aus dem Munde des Bundesaußenministers Heiko Maas. Eine Bankrotterklärung in 6 Worten. Die Frage, warum Heiko Maas das Amt des Bundesaußenministers bekleidet, bleibt auch nach diesem Satz weiterhin eines der gut gehüteten Geheimnisse im Hauptstadtbetrieb. Die bekannte Antwort, Olaf Scholz, seines Zeichens auch ein Kanzlerkandidat und Andrea Nahles, eine der mittlerweile ungezählten und erfolglosen Ex-SPD-Vorsitzenden, wollten mit aller Macht Martin Schulz als Außenminister verhindern. Das Resultat dieser Verhinderung heißt eben Heiko Maas. Schöne Bescherung.

Afghanistan ist ein Totalversagen der politischen Eliten der sogenannten westlichen Welt. Jene, die sich gern als Vertreter des „freien Westen“ und gleichermaßen „Wertegemeinschaft“ selbst loben und feiern, dem Rest der Welt dieses Modell als Segen empfehlen oder aufdrängeln wollen. Auch Deutschlands politische Klasse hebt nur zu gerne den moralinsauren Zeigefinger Richtung China und Russland, will denen Mores lehren. In Talkshows schwadronieren und Unfug herunterbeten ist nur eine Seite der Medaille. In der realen Politik auf Herausforderungen reagieren, Strategien entwickeln, um das Richtige zu tun, steht dann auf einem anderen Blatt. Dieses Blatt blieb aber zum Thema und Komplex Afghanistan bis zum heutigen Tag unbeschrieben und trostlos leer. Die Zeche des Krieges in Afghanistan und ein damit einhergehendes Fiasko der Politik werden noch viele unschuldige Menschen zu zahlen haben. Auf der Richtstätte dieses Krieges blieben bisher auf allen Seiten über 100.000 Tote zurück, darunter ein Großteil Zivilisten und auch Angehörige der Bundeswehr. Die Angehörigen dieser Gefallenen dürfen sich mit vollem Recht und jeder Bitterkeit fragen, wozu und warum? Von den Hauptverantwortlichen für diesen verderblichen und völlig gescheiterten Feldzug, der Administration des George W. Bush und allen, die denen auf ihrem falschen Kurs folgten, wird nie jemals einer für das Desaster und die Toten zur Verantwortung gezogen werden. Schwamm drüber und auf ins nächste Gefecht. Der Brandherde gibt es ja viele auf der Welt und nach dem Afghanistan-Desaster mehrt sich deren Zahl weiter.

*Titelbild: Fahne Afghanistan (Bild: OpenClipart-Vectors auf Pixabay)

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