Gesellschaft

Hochzeitsnacht

Gefummelt wurde schon eine ganze Weile, so ist das mit der ausbrechenden Liebe und den ersten Schritten, doch nun ist alles in trockenen Tüchern, die Ehe mit Aplomb vollzogen, das Traumpaar regiert Frankreich in unheiliger Allianz. In Paris tagte gestern die Nationalversammlung (Assemblée nationale), auf der Tagesordnung die Anhebung des Mindestlohns auf 1.500 Euro. Da sprangen fest entschlossen die LREM (Parteibündnis Macron) und die RN (Partei von Marine Le Pen) ins neoliberale Bett, holten für einen Dreier noch die LR (Konservative Republikaner.) unter das Laken und nichts war es mit der Erhöhung des Mindestlohns. Abgelehnt und abgeschmettert. Punkt, Satz, Sieg für den Neoliberalismus. Hayek muss vor Freude in seinem Grab rotieren. Emmanuel Macron verachtet die Masse der Franzosen, also jene, die ohne Vermögen und der sozialen Unterschicht angehören. Das liegt in der DNA aller elitären Schnösel. Im Kern seiner Politik ist Macron immer ein neoliberaler Investmentbanker geblieben. Als hätten der Ungeist von Milton Friedman und Klaus Schwab (The Great Reset) in einem neoliberalen Höllenlabor sich ihren Homunkulus für die europäische Politikbühne erschaffen. Das Macron-Bündnis hat nur umgesetzt, wofür der Präsident steht. Die Verachtung für die Unterschicht und die arbeitende Bevölkerung inklusive. Bei der Braut verhält es sich ganz anders. Marine Le Pen zieht seit über einem Jahrzehnt durch die Lande als Vertreterin „der kleinen Leute“ in Frankreich. Angebliche Anwältin jener Menschen, „die durch Arbeit leben müssen und die keine Stimme und Gehör in der Politik haben“. So ihr stets variantenreich vorgetragener Slogan und Wahlkampfschlager. Dafür folgten und folgen ihr dankbar und in schöner Regelmäßigkeit bei Wahlen vor allem diese „kleinen Leute“, die hoffen, das Le Pen es „denen da oben mal zeigt“ und etwas für die Unterschicht auf den Weg bringt. Was sie real auf den Weg bringt, zeigte sie gestern mit ihrer Fraktion in der Nationalversammlung auf offener Bühne. Die Verachtung für jene, die sie wählen. Eine große Gemeinsamkeit mit Macron. Le Pen steckte ihren Wählern sozusagen die Zunge raus und drehte dabei noch eine Nase. In Frankreich fiel gestern das Wort merde öfter als üblich. Wie die unzähligen Macron-Flötisten in Deutschlands Politik und Medien den Vorgang wieder verharmlosen und beschönigen werden, könnte interessant sein. So sie geruhen, diesen mitzuteilen. Die Stoßrichtung lässt sich ahnen, es ging schließlich beim Mindestlohn gegen einen linken Politikvorschlag und gegen die da unten. Und da ist jedes Bündnis erlaubt.

Während Herr Olivier Véran (Minister für Parlamentsangelegenheiten) uns Franzosen rät, den Stecker zu ziehen und das Licht auszuschalten, wälzt sich eine kleine Minderheit in Yachten und in Privatjets durchs Leben. Fünf Milliardäre besitzen so viel wie 27 Millionen Franzosen. (Nupes-LFI-Abgeordneter Adrien Quatennens, Nationalversammlung, 20.07.2022)

 

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