Gesellschaft

Kalte Aussichten

Energiekosten knallen durch die Decke. Wer mit dem Auto gezwungenermaßen die Arbeit aufsuchen muss, es dann zum Feierabend auch noch warm haben möchte, könnte sich nach dem notwendigen Besuch einer Tankstelle und dem aufdrehen der Heizung äußerst schnell in einer finanziellen Abwärtsspirale sondergleichen wiederfinden. Es gibt Optimisten, die so etwas für Schwarzmalerei halten. Sie weisen darauf hin, es werden wegen grassierender Chip-Knappheit sowieso bald keine Autos mehr vom Band laufen. Außerdem würde nach der Freigabe von Cannabis ein Joint die Sache mit dem Frieren in der eigenen Wohnung und der leeren Brieftasche bunter und schöner machen. Wen interessieren noch Halbleiterengpässe, die eigene Pleite oder kalte Füße, wenn ein gut gedrehter Joint zwischen den Lippen hängt. Was gerade um Elke Heidenreich für ein Empörungs- oder Zustimmungstheater aufgeführt wird, erreicht den in wohliger Zufriedenheit seinen Seelenfrieden genießenden und bekifften Erdenbürger dann nur noch gedämpft. Stimmungsaufhellung allenthalben. Mit klarem Kopf würde sich dieser Erdbewohner nur wundern, welche Art von Problemen hierzulande offenkundig Gemüter und Nation bewegen und erregen.

Erwähnte Frau Heidenreich, in Deutschland prominente Hutnummer für den literarischen Küchengebrauch, sieht als Talkshowgast in einem Einspieler eine junge Frau, die extrem wirres und sehr unsortiertes Zeug von sich gibt. So weit, so gut. Darauf sagt nun selbige Frau Heidenreich, „Um bei diesem Mädchen zu bleiben, Sarah Lee Heinrich. Sie kann gar nicht sprechen. Das sind wieder Kinder, die nicht lesen, das ist diese Generation, von der ich immer wieder merke, wie sprachlos sie ist, wie unfähig mit Worten umzugehen. Man habe das Gefühl, dass das ein Mädchen ist, was nicht genug nachdenkt. Sie ist Sprecherin, aber sie kann gar nicht sprechen.“ Im Einspieler, auf den die 78-jährige Dame hier lebenserfahren Bezug nahm, hatte besagte Sarah Lee Heinrich für die Richtigkeit von Frau Heidenreichs These den sprachlichen Beweis Höchstselbst geliefert. Nun trifft dennoch Frau Heidenreich der Zorn, weil es sich bei der jungen Sarah Lee Heinrich um eine „Person of Color“ handelt, im Zeitalter der Verkürzungen auch POC genannt. Wobei wir ja irgendwie alle POC. Jedenfalls wird Frau Heidenreich nun öffentlich beschimpft, sie sei rassistisch und sexistisch. Gelobt wird Frau Heidenreich auch, aber die Jubler werden ihr in Teilen nur wenig Fröhlichkeit bereiten.

Wissen aus Büchern nicht mehr gefragt? (Collage: Mystic Art Design auf Pixabay)

Die gescholtene Sarah Lee Heinrich bekam vorher schon ihr Social Media Fett weg. Hatte sie doch als pubertierende 14-jährige teilweise hirnrissige Tweets verfasst, die ihr nun beim politischen Aufstieg um die Ohren geworfen werden. Sarah Lee Heinrich ist nämlich im Alter von nun 20 Jahren zur Bundessprecherin der Grünen Jugend gewählt worden, wirkt allerdings in Ton und Rede immer noch nicht der Pubertät ganz entkommen. Damit und beim Wort „Sprecherin“ landen wir wieder bei Frau Heidenreich aber noch mehr bei den Grünen. Kann man einem jungen Menschen, bevor dieser sich aus Selbstüberschätzung auf offenem Markte um Kopf und Kragen bringt, nicht einfach mal schützend oder helfend mit Rat und Tat zur Seite treten? Oder fehlt es da an Empathie? Hat gar Frau Heidenreich doch den Kern getroffen, als sie barsch meinte: „Hauptsache divers, Hauptsache Migrationshintergrund, Hauptsache Quote.“ Auch einem politisch ambitionierten Menschen, dem noch eine Menge Dinge fehlen, könnten ja Grundzüge von Sprache, Wortwahl und Rede vermittelt werden, um sich darin besser aufzustellen. Diesen Rat hat der jungen Frau Heinrich offensichtlich niemand gegeben. Sie selber dem allerdings noch offensichtlicher auch keinerlei Beachtung geschenkt. (Hört man allerdings lebenserfahrenen und langgedienten Politikern bei ihren Reden zu, dann ist die Frage junger Menschen berechtigt: Wozu lernen?) Vielleicht sollte Frau Heinrich wirklich mehr Bücher lesen, die sie sich von Frau Heidenreich empfehlen lassen könnte. Es liegt sogar nahe. Schließlich sind die alte Dame wie die junge Frau längst Partnerinnen in einem Fettnapf. Vielleicht sollte die eine nicht mehr in Talkshows gehen, die andere vorerst nicht mehr ans Rednerpult treten, beide eine Zeit lang den Mund halten. Frau Heidenreich könnte stattdessen Frau Heinrich etwas vorlesen. Vielleicht bei einem Joint? Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Froh zu sein bedarf es wenig. (Collage: David MAITRE auf Pixabay)

Was für eine Welt, in der Budenzauber schnell zu einem beherrschenden Medienthema aufgebläht wird. Glücklich, wer keine anderen Sorgen! Wer nämlich mit leerem Tank nicht mehr aus dem Haus und zu seinem Job kann, dazu noch in kalten vier Wänden sitzt, der wird sich für diese Art von Pseudoproblemen nicht interessieren und daran auch nicht erwärmen können. Die im Wohlstand leben, leben ja bekanntermaßen angenehmer und losgelöster. So jene Losgelösten dann ihre heimische Heizung per Smartphone auf südländische Hitze regeln wollen, kann diese App auch in einen Schock münden. Nicht wegen der Kälte oder einer leeren Brieftasche, sondern wegen fehlender Mikrochips. Womit wir wieder bei der Halbleiknappheit wären, die wir bei GERADEZU schon thematisiert hatten. Dann bleibt allen gemeinsam, den Reichen und den Armen eben noch der tröstende Griff zum Joint, der demnächst als großer Ampelwurf sogar legal möglich sein könnte. Wozu haben schließlich die im Wohlstand die FDP und die Losgelösten ihre Grünen? Wen haben eigentlich die ohne Benzin mit kalten Füßen? Flugs sind wir erneut beim Joint. Na dann Peace.

*Titelbild: Jill Wellington auf Pixabay

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert