Gesellschaft

Söders Torheit

„Für unser Land ist links immer falsch“, sagte Markus Söder dieser Tage bei einem typisch bayerischen Anstich oder Volksfest oder was auch immer. Aber bayerisch war es. Markus Söder sollte solche Torheiten einfach aus seinem Repertoire streichen. Sein Urvater Strauß versuchte einst mit seiner Fallbeilrhetorik hinter dem hanseatischen Politikstil von Helmut Schmidt den vermeintlichen Jakobiner zu entlarven und scheiterte 1980 damit kläglich. In manche Fußstapfen muss man nicht treten, so verlockend sie auch den Weg weisen. Für Franz Josef Strauß endete der Traum Kanzleramt unerfüllt, auch weil er war, was Egon Bahr einmal auf den Punkt brachte: „Ein Kraftwerk mit Sicherungen eines Kuhstalls“. Sollten sich die Sicherungen von Markus Söder als ähnlich erweisen, könnte auch aus seiner Kanzlerambition ein ewiges Scheitern werden.

Links also immer falsch? Als Willy Brandt 1969 Bundeskanzler wurde, ein Mann, dessen Lebens- und Politikmotto stets „links und frei“ lautete, stieß er die Fenster der bundesrepublikanischen Gesellschaft weit auf, ließ die Wirklichkeit herein und den Mief der Adenauerära hinaus, wie auch den Gestank der Nazi-Eliten. Es war überfällig und an der Zeit. Sein „mehr Demokratie wagen“ fand unter den Westdeutschen breite Zustimmung, weckte auch Geister im Osten. Brandts Wandel durch Annäherung brachte den Ausgleich mit diesem Osten und schuf dabei Grundlagen, die auf dem Weg zur Deutschen Einheit wichtig waren. Auch darin mag die gegenseitige Achtung begründet liegen, die zwei so unterschiedliche Charaktere wie Helmut Kohl und Willy Brandt persönlich füreinander empfanden. Markus Söders Politik- und Geschichtskenntnisse sollten so weit reichen.

Willy Brandt hat mit seinem Leben, mit seiner Politik und sogar mit den Schwächen und Unzulänglichkeiten, die einen Menschen ausmachen, etwas für einen Politiker Außergewöhnliches erreicht, er wurde von den Menschen in diesem Land und weit darüber hinaus wirklich geliebt. Diese Liebe ging über Partei und Nationengrenzen. Wer sich noch an die Reaktionen auf seinen Tod erinnert, der wird dem nicht widersprechen. Sich selbst und seinen Idealen blieb Brandt immer treu. „Links und frei“ blieb sein Motto bis ans Ende seiner Tage. Für sein politisches Wirken wurde Willy Brandt als einziger deutscher Nachkriegspolitiker mit dem Friedensnobelpreis geehrt. So also Markus Söder mal wieder „links ist immer falsch“ in ein Bierzelt ruft, sollte er den Maßkrug abstellen, sich eines Besseren besinnen und seines Verstandes bedienen. Von jemand, der die feste Absicht hat, einmal Bundeskanzler zu werden, in den viele auch genau diese Hoffnung setzen, darf man solche Läuterung erwarten.

*Beitragsbild: Willy-Brandt-Büste in Nürnberg (Foto: Patrick Sommer auf Pixabay)

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