Kultur

Casablanca im Netflix-Format

Humphrey Bogart hat eine Kneipe in Casablanca. Diese wird von einem Kumpel per Klavier mit Livemusik bespielt. Außerdem wird das Etablissement mit Namen „Rick’s Café Américain“ von einem Bekannten, der im Hauptberuf ein hoher Polizeioffizier französischer Lebensfreude, aus Gründen des Glückspiels und der Frauen äußerst gern besucht. Allerhand Emigranten auf der Flucht vor den Nazis tummeln sich dort an Tischen und Theke. Eines Tages kommt der wichtigste Widerstandskämpfer der Welt durch die Tür, welcher gern Champagnercocktail trinkt und weiße Anzüge trägt. Sein Name Victor László. (Nicht verwandt mit der gleichnamigen Sängerin, die sich seinen Namen ausborgte.) An seiner Seite eine atemberaubende Frau, Ingrid Bergman so schön wie ein leibhaftiger Engel, die einst in Paris Gespielin und große Liebe von Bogart. Dem bekommt dieses Wiedersehen mit jener Frau nicht wirklich, was an seinem Zigaretten- und Whiskey-Verbrauch ablesbar. Derweil sucht der Widerstandskämpfer Transitvisa, deren Besitzer Peter Lorre allerdings schon ins filmische Gras gebissen. Zwischendurch singen Nazis die „Wacht am Rhein“, werden prompt mit der „Marseillese“ ersungen und bekommen noch ein „Vive la France!“ auf die Mütze. (Viele Jahrzehnte der Welt berühmteste Filmszene. Heute natürlich nicht mehr. Film und Publikum gehen längst andere Wege.) Der verlorene Sängerkrieg lässt die Nazis die Schließung von Bogarts Kaschemme veranlassen. Damit einhergehend neue Verwicklungen, die auch einen Konkurrenzgastronomen vom „Blauen Papagei“ auf den Plan rufen. Bergman will Bogart irgendwann erschießen, was diesem sogar gelegen käme. Ein Schuss fällt allerdings nicht. Der Vorsatz endet im Kuss und höchstwahrscheinlich mit Sex. Pendelnd zwischen Bogart, dem Widerstandskämpfer und den Irrungen der Handlung landet Ingrid Bergman schließlich auf dem Rollfeld. Alles endet nämlich am Flughafen mit einem toten Major der Wehrmacht, „üblich Verdächtigen“ und einer letzten Verwirrung in Sachen Liebe. Wer nun mit wem und warum ins Flugzeug steigt, bleibt auch den Beteiligten ein Rätsel. Die Auflösung der Konfusion betreibt der pfiffige Polizeioffizier. Die Liebe hat laut seiner Erkenntnis nicht wirklich gesiegt. Da sind die schöne Frau und der Widerstandskämpfer längst in der Luft. Bogart derweil mit der nächsten Zigarette beschäftigt und im Trenchcoat ein Loch wegen dem toten Major. In der Schlusseinstellung Nebel zu Beginn einer wunderbaren Freundschaft, die höchstwahrscheinlich nach Brazzaville führt. Ende. („Es wird nach einem Happy End im Film jewöhnlich abjeblendt“, meinte ja schon Tucholsky.)

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