Gesellschaft

Talk-Unglück

Unter der Narrenkappe deutscher Talkshowformate kommen längst der Corona-Tod und eine verheerende Pandemielage zum Vorschein. Nüchterne Realität holt das große Palaver ein. Die in diesem Land in Blüte stehenden Marktplätze für unsägliches Geschwafel, bekanntermaßen Talkshows genannt, kommen im Gewand der Namensgebung durch Moderatoren daher, die mit diesen Formaten allesamt von öffentlich-rechtlichen Angestellten zu Millionären mutierten. Gelderwerb vor seriöser Berufsausübung. In der gesamten Pandemiezeit haben sie niemals Aufklärung, sondern stets den Krawall zum Zwecke der Quote geboten, den Nährboden für latente Volksverdummung geliefert. Sie tragen ein großes Maß an Mitverantwortung für die desaströs hohe Zahl an Nichtgeimpften und die völlig aus dem Ruder laufende Pandemielage. Nun schalten sie den Modus „wir waschen unsere Hände in Unschuld“. Ihr Totalversagen schieben sie vom Tisch. Der angerichtete Schaden ist nicht wegzuwischen. In keinem Land der Welt ist Verharmlosern, Irrläufern, Idioten, Querdenkern und Impfleugnern sowie diversen Schwurblern mehr mediale Plattform geboten worden. Nirgends gab es gegen ausgewiesene und seriöse Fachleute mehr Hetze als hierzulande. Das eine nährt das andere. Man denke an die Häme gegen den RKI-Chef Lothar Wieler oder an den Virologen Christian Drosten, dessen Ruf vom Blatt der Niedertracht gemordet werden sollte. „Rufmordversuch an Drosten“ wäre ein relevantes und wichtiges Aufklärungsformat gewesen, hätte eine Talkshow ausfüllen können. Gab es natürlich nicht. Warum wohl?

Zur besten Sendezeit immer öfter gefährlicher Unfug. (Bild: Birgit Böllinger auf Pixabay)

Wo immer allerdings Impfgegner krude Theorien aufstellten oder selbst ernannte Experten ohne Kompetenz die wirklichen Fachleute durch den verbalen Dreck ziehen wollten, um ihre Halbwahrheiten bis Lügen feilzubieten, da wurden ihnen die Türen ins deutsche Talkuniversum zur besten Sendezeit geöffnet. Allesamt haben diese Shows Tag um Tag Impfgegnern und Corona-Skeptikern die Bühne geboten. So etwas macht dann der in deutschen Talkshows wohnende redliche Karl Lauterbach nicht mehr wett. Was Talkshows unter die Leute brachten, ist ein nicht zu unterschätzender Grund für die jämmerliche Impfquote Deutschlands und den Aufstieg des rechten Mobs. Was haben eigentlich in fast jeder Corona-Talkshow die zwischen reaktionär und links pendelnde Sarah Wagenknecht oder der Macho-Pöbler Wolfgang Kubicki zum Thema beizutragen? Außer Verunsicherung und vor allem Propagandastoff für Impfgegner und Coronaleugner noch eine Menge Populistenmüll. Leute mit solcher Art Geltungsdrang sind Vorlagengeber für jedwede Spinner und werden die Impfsituation nicht verbessern. Ausladen oder nicht  mehr einladen geht übrigens ganz einfach. Als die erfahrene und ausgewiesene Russlandexpertin Gabriele Krone-Schmalz, immerhin viele Jahre Moskaukorrespondentin der ARD, in Sendungen eine andere Meinung zu Russland vertrat, als man hierzulande hören wollte, wurde sie einfach nicht mehr eingeladen und verschwand aus dem Talkshowuniversum.

Mit Journalismus oder Information, gar mit orientierender Aufklärung hat das aktuelle Talkshowunwesen nichts zu tun. Diese Talkrunden erwecken auf fatale Weise immer öfter und ganz bewusst den Eindruck von einem völlig zerstörten gesellschaftlichen Konsens, dessen Zerfall gerade sie entscheidend befördern, indem sie aus schreienden wie radikalen Minderheiten laute Krachmehrheiten konstruieren, um mit dem gelenkt erzeugten Gedröhn Sendung um Sendung zu füllen. So kommen uns Schande und Offenbarungseid des Journalismus Abend um Abend ins Haus. In Tagen einer Pandemie nicht mehr nur ärgerlich, was erträglich wäre, sondern längst wegen Dummenfang und Desinformation lebensbedrohlich.

*Beitragsbild: zizwix auf Pixabay

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