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Über den Teich geschaut

Manchmal hilft es, zur Erhellung oder Verdunkelung eigener Gedanken in die Ferne und über den Atlantik zu blicken. Da landen wir dann in den USA und relativ einfach in deren Medien. Auf Fox News, wahrlich kein liberaler Sender oder gar Hort linker Politikgedanken, weil nämlich radikal, rechtskonservativ, hetzerisch und populistisch – wie sein Besitzer Rupert Murdoch – entdeckt man durchaus erwähnenswertes, so erstaunlich dies scheinen mag. Einer der einflussreichsten Moderatoren und Kommentatoren ist dort der Rechtsaußen und Trump Propagandist Tucker Carlson, Murdochs reaktionärstes Pferd im Stall. Ausgerechnet dieser Tucker Carlson lädt sich einen linken Journalisten, den Kanadier Aaron Maté, Redakteur bei „The Grayzone“ ins Studio. „The Grayzone“ ist das Gegenteil von Murdochs Medien, eine eher linke Nachrichtenplattform, die sich stets kritisch mit der US-Außenpolitik auseinandersetzt, vieles hinterfragt, was andere gottgegeben nur zur Kenntnis nehmen. Maté wirkt bei Fox, als wäre im russischen Staatsfernsehen plötzlich ein weltoffener Journalist zu Gast, der die imperialen Züge im System Wladimir Putins kritisch auf den Prüfstand stellt. Mit Carlson und Maté sprechen also zwei Zeitgenossen, die sich politisch weder nah noch freundlich gesinnt und kommen aus unterschiedlichen Perspektiven zu der Erkenntnis, es sei eher ein schlechter Witz, wenn man ernsthaft glauben macht, dass es Russland war, welches die Pipelines Nordstream 1 und 2 attackierte. In aller Öffentlichkeit servieren sie dem amerikanischen und internationalen Publikum zu einer Hauptsendezeit Fragen und Antworten, die deutlich andere Schlüsse zulassen und stark mit dem Finger auf die USA zeigen.

Auf Fox News die Wahrheit? Carlson und Maté einig: Die Russen waren es. nicht. (Screenshot: Fox News)

Warum passiert das ausgerechnet bei Rupert Murdoch und seiner Fox News Corporation? Es gibt nur Vermutungen. Eine lautet, Murdoch, der als rechter Medienzar zu den neoliberalen Eliten gehört, die global agieren, zündeln und politisch Einfluss nehmen, wittert Gefahr. Gefahr? Bei Murdoch könnte sich, wie mittlerweile bei anderen Reichen, man denke an den obskuren „Ukraine-Friedensplan“ von Elon Musk, die Erkenntnis ausbreiten, dass eine Katastrophe durch Krieg erstmals auch die elitäre Oberschicht treffen würde, die ansonsten gerne an Kriegen verdient und diese schürt. Eine mögliche atomare Zuspitzung und Auseinandersetzung, die aktuell nicht völlig von der Hand zu weisen, würde auch so manches reiche Fell anbrennen, egal wie gut, sicher und tief die Bunker dieser Eliten auch gebaut und gegraben. Aus diesem profanen Instinkt, könnte es Murdoch also durchaus in den Kram passen, aus purem Selbstschutz reaktionäre und imperiale US-Politik nicht anzustacheln oder zu manipulieren, sondern zu kritisieren und zu entlarven. Man tappt hier im dunklen Verlies von Interessen der Mächtigen, die nie eindeutig durchschaubar.

Es ist ziemlich erstaunlich, wenn man sich die Erfolgsbilanz der Leute ansieht, die uns sagen, dass Russland das getan hat. (Aaron Maté)

Zur Erhellung und um Fox News zu entkommen, könnte man sich natürlich im eigenen Lande nähren, in unsere Politik und unsere Medienlandschaft schauen. Aber da ist man fehl am Platz. Deutsche Politik und deutsche Medien erwecken den Eindruck, den Begriff Nordstream kaum noch zu kennen. Sozusagen eine ferne Erinnerung, die so flott es irgend geht, aus unserem kollektiven Gedächtnis gebannt werden soll. Wer vergisst, stellt keine aufmüpfigen Fragen. Und vergessen tun die deutschen Michel, so man es ihnen nur lange genug schmackhaft macht, oft und gern. Vogel Strauß als Lebensmodell. Ob sich aus alledem dann noch ein „Sender Gleiwitz“ herauskristallisiert oder doch ein „Watergate“ offenbart, wird die Zukunft zeigen. Wobei man die Wahrheit, falls diese je über uns kommt, dann sicher nicht aus der deutschen Medienlandschaft erwarten sollte.

Kopf im Sand ähnelt in Sachen Nordstream dem abtauchen von Politik und Medien. (Foto: ostrich auf Pixabay)

Wenn man schon einmal das Glück oder Unglück hat, auf Fox News zu landen, bekommt man noch einen Nachtisch serviert. Da sitzt dann Jack Keane im Studio, ein General a. D., der immerhin Vice Chief of Staff of the United States Army war, also ein absolut mächtiger Spitzenmilitär der Vereinigten Staaten. Von diesem hört man „dass Investitionen in der Ukraine sehr profitabel seien, da ja Ukrainer statt Amerikaner im Krieg mit Russland fallen.“ Na dann.

Ein General a. D., der nicht lange herum redet. Jack Keane. (Screenshot: Fox News)

Es gibt nicht nur Fox News. In Großbritannien sendet Talk TV, welches allerdings bei näherem Blick ebenfalls im Besitz von Rupert Murdoch. In deren Format „Washington Live“ erleben wir dann noch John Robert Bolton, einst Sicherheitsberater von Donald Trump, vor allem geistiger Mitschöpfer des illegalen Irak-Kriegs von George W. Bush und Dick Cheney, ein klassischer Schreibtischtäter, der einen Angriffskrieg auf Basis von Lügen geistig mit auf den Weg brachte. Unlängst prahlte er – ebenfalls im TV – mit diversen Staatsstreichoptionen, die von den USA einst weltweit umgesetzt wurden und weiterhin machbar wären. Die Talkshowhäufigkeit von Bolton ist mit der von Norbert Röttgen hierzulande zu vergleichen, nur war jener Bolton wirklich einmal in der Nähe mächtiger Leute und derer Entscheidungen, was ihn von Röttgen unterscheidet. Nun äußerte sich dieser gern öffentlich plaudernde Bolton über den Fall Julian Assange, dem politischen Opfer, der in Großbritannien in Auslieferungshaft Richtung USA sitz. Der inhaftierte Aufklärer und Journalist, der auch die Verbrechen und Lügen der Bush-Administration entlarvte und öffentlich machte. Einer Regierung, der auch Bolton angehörte.

John Bolton. Ein kalter Krieger, macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. Nur aus seinem Herzen. (Screenshot: Talk TV)

In Talk TV gab John Bolton über Assange zu Protokoll:

Ich hoffe, er bekommt mindestens 176 Jahre Gefängnis für das, was er getan hat.

Was hat Assange getan? Völkerrechtsbruch, globale Bespitzelung und Kriegsverbrechen einer politischen Elite aufgedeckt, der auch Bolton angehört. Wie konnte er nur! Die Frau von Julian Assange, Stella Assange, Expertin für internationales Recht, ließ sich in der Sendung nicht einschüchtern, konfrontierte John Bolton mit der Verfolgung ihres Mannes Julian. Stella Assange schlug dann im Gegenzug vor, dass der ehemalige Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, John Bolton, vor dem Internationalen Strafgerichtshof angeklagt werden sollte.

„Die USA unterliegen nicht der Gerichtsbarkeit der Internationalen Strafgerichtshöfe. Wenn dies der Fall wäre, könnte Herr Bolton strafrechtlich verfolgt werden. John Bolton ist der ideologische Erzfeind meines Mannes.“

Hier sei zum Abschluss erneut der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador zitiert, der ein unermüdlicher Kämpfer für Assange und dessen Freiheit ist:

Julian Assange ist der beste Journalist der Welt unserer Zeit und wurde sehr ungerecht behandelt, schlimmer als ein Krimineller.

Julian Assange ist der Quijote unserer Zeit und der Meinungsfreiheit, der zu Unrecht inhaftiert bleibt. Von diesem öffentlichen Platz, dem Hauptplatz der mexikanischen Republik, widmen wir uns der weiteren Forderung nach der Freiheit von Julian Assange!

*Titelbild: ostrich auf Pixabay

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