Wie tief die Sonne des TV-Journalismus steht, war an den beiden Triell-Moderatoren Oliver Köhr und Maybrit Illner trefflich abzulesen. Beide hatten vorher Überraschungsmomente für den Abend angekündigt. Dies gelang ihnen glänzend, weil sie sich öfter gegenseitig ins Wort fielen als die drei Herrschaften mit Kanzlerambitionen. So fand das eigentliche Duell irgendwie zwischen den Moderatoren von ARD und ZDF statt. Besonders nervig dieses „Prima“ der Moderatorin Illner und ihr sich selbst überschätzendes Überlegenheitslachen, welches man aus ihrem Talkformat kennt. Außerdem wirkten die Moderatoren völlig unvorbereitet, was auch eine Leistung. Ein Armutszeugnis für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der Boulevard- und Privatsender RTL hat dieses Format beim ersten Anlauf zumindest von der Moderation seriöser und besser über die Bühne gebracht. Das etwas blutleere Politikangebot des Abends wurde jedenfalls über die gesamte Sendezeit von einem peinlichen Politikjournalismus der Marke Köhr/Illner begleitet. Wobei Herr Köhr in Teilen sogar etwas aufgeregt wirkte. Der Mann ist übrigens ARD-Chefredakteur.
Im Angesicht der Weltlage und globaler Krisen wurde im Anfang von der Moderation angestoßen, über Koalitionsmodelle, eine Nebenbehörde, Hans-Georg Maaßen und Boris Palmer geredet. Echte Sachthemen fielen nicht auf oder den Moderatoren ein. Ideen für die Zukunft, Themen von Interesse für die Menschen in diesem Land Fehlanzeige. Es dauerte 45 Minuten, bis die existenzielle Klimakrise es in die Sendung schaffte. Da schüttelten sicher viele Zuschauer längst den Kopf. Hier wünschte man sich den pfiffigen Kinderreporter des ZDF statt dieses Duos, der unlängst mit einer Frage die dumpfe Deutschtümelei des AfD-Parteivorsitzenden Chrupalla witzig bloßstellte. Jener Herr Chrupalla zog die Fahne für deutsches Lied- und Gedichtgut an Schulen hoch, kannte auf Nachfrage eines Kindes allerdings kein deutsches Gedicht. Der AfD Vorturner kennt kein Gedicht, die Moderatoren des Triell kein Maß. Sobald es nämlich mal interessant wurde, wechselten sie sofort das Thema. Hätte nicht solch ein Format die Pflicht, den Zuschauern einen Begriff von der Dramatik der Klimakrise zu vermitteln und die Antworten der Politiker darauf einzutreiben? Nichts davon. Dagegen lustige Einlagen. Kein heutiges TV ohne Spaßfaktor, den Titel für die lustigste Einlassung teilen sich Herr Laschet und Frau Illner. Maybrit Illner stellte fest „wir sind immer noch bei den Lehren aus Corona“, als gerade über die Digitalisierung geredet wurde und Armin Laschet erzählte etwas von „Entfesselungspaketen“ der CDU und FDP, als wäre er der neue Houdini. Was er meinte, ging in seinem Gerede unter.
Das TV Duo Illner/Köhr tat einiges für Armin Laschet. Während man Annalena Baerbock nicht gestattete, das Thema Klima weiter auszuführen, konnte der CDU Vorsitzende seine Attacken beliebig auffällig verlängern. Stellte Baerbock Fragen, hieß es vonseiten der Moderation „wir machen weiter mit dem nächsten Thema“. Somit wurde auch jedwede Interaktion zwischen den drei Kanzleraspiranten im Keim erstickt. Wieder ein „journalistisches Meisterwerk“. Ein echtes Meisterwerk lief zeitgleich auf Arte, der französische Gangsterfilm „Vier im roten Kreis“ aus dem Jahr 1970 mit Yves Montand und Alain Delon unter der Regie von Jean-Pierre Melville. Ihn ausgelassen zu haben, stellte sich als Fehler heraus.
Für die Moderatoren des Triell abschließend ein Gedicht von Wilhelm Busch:
Wenn einer, der mit Mühe kaum
Geklettert ist auf einen Baum,
Schon meint, daß er ein Vogel wär,
So irrt sich der.
(Natürlich auch geeignet für Tino Chrupalla, falls Kinder ihn mal wieder nach einem Gedicht fragen.)
*Titelbild: Markus Winkler auf Pixabay