Gesellschaft

Wissenschaftler versus Ungeist

Prof. Drosten liegt in seiner Beobachtung absolut richtig, die von ihm noch sehr moderat und zurückhaltend formuliert, trifft damit den Kern. Ein großer Teil der Medienlandschaft zerfleddert längst die Zivilgesellschaft und nimmt aus Gründen des Gelderwerbs, von Auflage und Aufmerksamkeit billigend oder kaltschnäuzig auch die Gesellschaft von Verschwörungstheoretikern, Querdenkern und Mob in Kauf, munitioniert den Ungeist. Sie produzieren Fake News und ersetzen Journalismus durch Propaganda. Von Hugenberg über Goebbels bis zu Fox News des Rupert Murdoch ein altbekanntes und wiederkehrendes Muster. Einige schreiben und reden hierzulande nicht wie aufgeklärte Zeitgenossen, sondern eher wie vom Hugenberg-Geist benebelt. Darunter erstaunlicherweise merkwürdige Ex-Spiegel-Redakteure, die offenbar den beruflichen Abstieg nebst Bedeutungsverlust durch Platzverweis in Hamburg  innerhalb der Medienblase nicht verkraftet haben, nun verbittert als wandelnde Propagandaschleudern das Land und die Vernunft beflecken. Sie finden sich mit anderen Gescheiterten jeder journalistischen Couleur verstärkt im Social Media Universum zusammen und dürsten dort allesamt nach Bedeutung und Öffentlichkeit. Dabei jagen sie jedwedem Applaus hinterher und nehmen sich, was sie eben nicht mehr sind, wichtig. Dafür ist ihn jedes Öl in allen Feuern Lebenselixier. Koste es die Demokratie auch, was es wolle. So drastisch kann und darf Drosten es natürlich nicht formulieren.

Natürlich hatte Drosten seine richtige Beobachtung kaum formuliert, diese sehr zurückhaltend und äußerst moderat geäußert, kam aus der Ecke medialer Propagandisten sofort der Gegenschlag, den man zu erwarten, wenn Vernunft und Wahrheit das Haupt erheben. Selbstredend auch das Organ der Niedertracht vertreten. Da entblödete sich ein mediokres Ohr auf der Twitterbühne in Richtung Drosten: „Kümmern Sie sich um Ihre Viren“, was ja impliziert, es sind nun also Drostens Viren. In dieser Lesart könnten es allerdings auch die Viren der Volksverhetzer sein oder von jenen, die mit ihren Lügen- und Hassbotschaften das Land überschwemmen und Munition für den Mob und alle Querdenkerhirne unserer Zeit liefern, um Corona zu verharmlosen, die Impfungen herabzusetzen und die Impfquoten niedrig zu halten. Nebenher sollte noch einem gebildeten Menschen verwehrt werden, sich in anderen Dingen als seinem Berufsbild zu äußern und gefälligst nicht an der gesellschaftlichen Debatte teilzunehmen. Auch sehr entlarvend, wenn von jener Sorte Journalisten vorgetragen, die selbst dann viel schreibt und redet, wo sie ohne Wissen. Welche Anmaßung aus einer Propagandaschmiede. Wir alle sollten eher froh sein über die fachlichen und sachlichen Expertisen einer Koryphäe vom Format eines Christian Drosten. Dieser genießt übrigens weltweit höchste Anerkennung, wird nur hierzulande mit Dreck beworfen. Drosten erlebt dabei, was Wissenschaftler in diesem Land schon vor ihm durchgemacht.

Im Juni 1933 warf der „Kampfbund für deutsche Kultur“ auch die Relativitätstheorie von Albert Einstein ins Feuer. Nicht nur die Werke von Literaten und Kulturleuten brannten damals, auch der Geist der Wissenschaft ging in Flammen auf. Die Schriften von Sigmund Freud verkohlten mit Einsteins Arbeiten. Wie stets war dem natürlich der latente Rufmord in Gazetten vorangegangen. Twitter war zu der Zeit die Saalschlacht im Bierkeller und der hinterhältige Fememord auf offener Straße. Wir sollten also das bekannte Muster nicht unterschätzen oder verharmlosen und keinerlei Illusionen hegen. Die latente Diffamierung und Herabsetzung der Person Drosten durch eine Minderheit von Hetzern trifft nicht nur die Zivilgesellschaft, sie trifft zentral uns alle und geht uns daher alle etwas an. Wegschauen und später wieder von nichts gewusst haben, hat keine Berechtigung mehr. Übertrieben? Mitnichten. Man muss nur die Kommentare und Äußerungen unter den Social Media Beiträgen (Twitter, Facebook et cetera.) der hier angesprochenen Propagandisten gegen Drosten lesen, dann weiß man, wie weit Hetze und Ungeist schon gediehen und was die Stunde geschlagen. Die Saat des Hasses, von einem Teil der Medien gehegt und gepflegt, geht längst vor unser aller Augen auf. Wir sollten wachsam sein. Ein ebenfalls „Verbrannter“ hat uns die entsprechende Mahnung und Warnung für ewig ins Stammbuch geschrieben. Bertolt Brecht:

„So was hätt einmal fast die Welt regiert!
Die Völker wurden seiner Herr, jedoch
Dass keiner uns zu früh da triumphiert –
Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!

*Titelbild: Gordon Johnson auf Pixabay

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