Gesellschaft

Der Blender

Die Erde ist eine Scheibe und Friedrich Merz ein Finanz- und Wirtschaftsexperte. So einfach malt sich einigen die Welt. Zum Beispiel Armin Laschet, der doch in aller Öffentlichkeit sagt: Merz sei das „wirtschafts-und finanzpolitische Gesicht, welches auch die Bundespolitik nach der Wahl prägen werde“. Na dann gute Nacht denen in Deutschland, die nicht zur Kaste der Millionäre gehören. Wie ein alter Springinsfeld hüpft Friedrich Merz durch Land und Themen. Da er von nichts wirklich etwas versteht, ist auch egal, worüber er redet. Die Augenwischerei des Neoliberalismus betet er runter, aktuell garniert mit dem Begriff Linksruck, vor welchem nur er das Vaterland retten kann. Dann war es das aber auch. Merz hat nie eine individuelle Wahl um wichtige Ämter gewonnen und von Angela Merkel den zentralen Richterspruch über seine politischen Ambitionen erhalten, der da lautet völlig unbrauchbar und dauerhaft nicht gefragt zu sein. Dieses Urteil wurde über 16 lange Jahre immer wieder erneuert. Politisch nichts erreicht, außer durch Phrasendrescherei in Medien eine Figur geworden, die angeblich vor Wirtschaftskompetenz und Finanzfachwissen nur so strotzt und Deutschland retten kann. Ein Treppenwitz der Geschichte, der allerdings von vielen Journalisten und Medien, die damit politische Absichten verfolgen, wie eine Endlosschleife erzählt wird.

Es geht aber auch anders. Als Merz im April 2021 Deutschland und die EU in einer „Liquiditätsfalle“ wähnte und darüber fabulierte, schüttelten Ökonomen den Kopf und amüsierten sich über diese Merz-Fehldeutung in aller Öffentlichkeit. Diesen Widerspruch und Hohn von Ökonomen bündelte die Süddeutsche Zeitung am 26. April 2021 unter der Überschrift „Der gefühlte Wirtschaftsexperte“. Wort für Wort wurde zitiert, was international anerkannte Ökonomen, Wirtschaftspolitiker und Wissenschaftler von der Merz-Kompetenz halten, nämlich nichts. Das mündet in Werturteilen „man sei entsetzt, sogar empört, sehe mangelnden Sachverstand“. Angela Merkel wird spätestens hier nicht nur erneute Bestätigung gefühlt, sondern wohl auch ein leichtes Schmunzeln nicht verkniffen haben. Die Süddeutsche hatte auch noch einen weitsichtigen Satz im Angebot, der einer Vorhersage mit Erfüllung glich. Sie zitierte Merz mit dem Satz: „Robert Habeck hat einfach zu viele Wissenslücken“ und fährt dann mit Bezug auf Friedrich Merz und diesen Satz fort: „Angesichts eigener Irrtümer eine bemerkenswerte Chuzpe.“

Amüsierter Habeck (Screenshot: ZDF/Illner-Talkshow, 26.08.2021)

Was für eine Chuzpe Merz damit an den Tag legte, wurde dann vor Publikum am 26.08.2021 in der ZDF-Talkshow „Illner“ unter Beweis gestellt. In der Sendung will Merz den Wirtschaftsfachmann geben und gegen den Mitvorsitzenden der Grünen punkten. Stattdessen wird er von jenem Robert Habeck in seiner ganzen Inhaltslosigkeit vorgeführt und blamiert, sein Nichtwissen offengelegt. Habeck übrigens Kinderbuchautor und Magister in der Kombination Philosophie, Germanistik und Philologie. Also kein ausgewiesener Wirtschaftsexperte. Und ausgerechnet jener Habeck stellte Merz bloß und filetierte dessen politische Leichtgewichtigkeit vor aller Augen und Ohren. Der zugeschaltete Wirtschaftswissenschaftler Achim Truger setzte noch eins drauf, der immerhin Wirtschaftsweiser der Bundesregierung, deren Kanzlerin aus Merz CDU kommt und erklärte Merz wirtschaftliche Zusammenhänge. Dem blamierten Merz entglitt in der Sendung die Fassade der Überheblichkeit, seine Gesichtszüge erstarrten zur Maske des Gescheiterten. Mit neoliberalen Floskeln, die auch von seinem einstigen Arbeitgeber, der globalen Heuschrecke „BlackRock“ des Larry Fink, stammen können, stümperte er sich durch die Sendung.

Überforderter Merz (Screenshot: ZDF/Illner-Talk, 26.08.2021)

So viel zu dem Mann, der stets einen Experten gibt, der er nie war und schon gar nicht ist, dem aber Armin Laschet prägenden Zugriff auf die künftige Politik in diesem Land geben möchte. Da fällt einem wieder ein wirklich große Deutscher ein, Heinrich Heine: „Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.“ Die Menschen in Deutschland sollten sich mit Fug und Recht vor jemand wie Friedrich Merz fürchten. Inkompetenz und Nichtwissen haben noch keinen Neoliberalen davon abgehalten den Sozialstaat zu zertrümmern. Was von diesem Sozialstaat nach Gerhard Schröder noch übrig, könnte einer wie Merz endgültig zerstören und zu Grabe tragen. So viel Einsatz ist dann doch zu erwarten.

Allerdings wollen wir versöhnlich schließen und den Humoristen Friedrich M. nicht unterschlagen. Da stellt Merz kurz nach dem Postenversprechen von Laschet öffentlich fest, also über seinen Twitteraccount: „Wenn die Europäische Kommission die geplante Carbon Border Tax einführt, ist das nicht nur das Ende der Freihandelspolitik. Dann ist das der Beginn eines neuen Welthandelskonfliktes, bei dem es nur Verlierer geben wird.“ Daran „lustig“ der Gegensatz zum CDU-Laschet-Klimapapier: „Ergänzend dazu wollen wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern einen WTO-konformen CO2-Grenzausgleich (Carbon Border Adjustment Mechanism) einführen.“ Was muss ein Superminister in spe ein Programm seiner Partei kennen? Friedrich Merz kennt nur ein Programm, nämlich sein eigenes. Auch diese Eigenliebe hat niemand klarsichtiger durchschaut wie Angela Merkel. Wer Merz-Spaß am laufenden Band haben möchte, der besuche dessen Twitteraccount, wo er sich als eine Art Cathy Hummels der deutschen Politik zum Besten gibt. Den humoristischen Schlusspunkt setzte dennoch Armin Laschet. Der berief Friedrich Merz zu allen anderen Weihen noch in sein Zukunftsteam und platzierte ihn bei dessen Präsentation, so man auf die Bühne schaute, am rechten Rand der Gruppe. Von Laschet gesehen stand Merz aber ganz links. Soll einer noch sagen Karnevalisten fehlt das Gespür für echte Pointen.

Hinter dem Merz-Nebel gibt es auch noch Politikmodelle zu vergleichen, z. B. diese hier, die bei der Wahlentscheidung helfen könnten:

*Titelbild über dem Beitrag: mohamed Hassan auf Pixabay

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