Gesellschaft

Diäten und Scham

Wer dem Allgemeinwohl dient, sollte auch verdienen, sonst ist das Überleben im Kapitalismus eher schwierig. Pflegekräfte oder Polizisten sind ein gutes Beispiel. Sie halten grundsätzlich den Kopf hin für wenig Geld. Ihrer großen Arbeitsleistung und Verantwortung wird mit eher unzureichender Bezahlung gedankt. Unlängst war die Ampelkoalition nicht in der Lage, den verdienten und bescheidenen Corona-Bonus für Pflegekräfte noch in 2021 auf die Reihe zu bekommen, hat diese berechtigte Zuwendung ins nächste Jahr verschoben. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Maria Klein-Schmeink, sagte dazu: „Wir wollten jetzt nichts übers Knie brechen und lassen uns lieber etwas mehr Zeit.“ Genau. Die Pflegekräfte müssten schließlich noch Applaus im Schrank haben und könnten doch davon die Weihnachtseinkäufe tätigen. Argument der Verschiebung „man wolle sicherstellen, die richtigen Beschäftigen mit dem Bonus zu erreichen“. In eigener Sache entscheidet Politik dagegen gern unverzüglich und schnell, duldet keinen Aufschub. Von sich sonst überschlagenden Medien gnädig mit ignoranter Stille unterstützt. Es kommt nämlich noch dicker. Gestern hat die Ampel gegen den Inflationsausgleich bei Hartz 4 entschieden. Da wird Gerhard Schröder über seine roten und grünen Nachfolger vor Freude aus dem Häuschen sein. Am gleichen Sitzungstag wurde von der Ampel flott für die automatische Diätenerhöhung für Abgeordnete votiert, mit den Stimmen der CDU/CSU Opposition bei Gegenstimmen von Die Linke und der AfD. Hier hätten Politiker im Angesicht einer schwierigen Zeit für sehr viele Menschen und einer voranschreitenden Pandemie einmal sich selbst von der Tagesordnung nehmen können, damit auch ein Zeichen der Solidarität setzen. Allein es fehlten ihnen der Wille und ein Gefühl des Miteinanders über ihren eigenen Horizont hinaus.

Für alle reichts nicht. (Foto: Horst Tinnes auf Pixabay.)

Aus einem andern Universum, dem der Lebensrealität von Millionen Menschen, kam dazu passend noch eine unschöne Meldung, die auch ein Leistungszeugnis der alten Bundesregierung. In Deutschland leben 13,4 Millionen Menschen in Armut, worin Erwerbslose mit 52 % und Alleinerziehende mit 40,5 % am stärksten betroffen sind. Die Ampel bemüht sich, mit der Kindergrundsicherung einen richtigen Schritt zu tun, was hier auch angemerkt werden soll. Allein dieser wird nicht reichen, um Menschen von solch beschämenden Elend zu erlösen. Wieder lässt sich lernen. In Zeiten, wo die Reichen immer reicher und so unverschämt reich werden wie noch nie in der Menschheitsgeschichte, Milliardäre Geld scheffeln, da werden am Ende der Leiter die Armen immer ärmer. Das eine bedingt das andere in beide Richtungen. Man muss nur in den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung schauen, der je Legislaturperiode einmal erscheint. Für ein reiches Industrieland ein Dokument der Schande und Ungleichheit. (Mittlerweile geben Lobbyorganisationen der reichen Eliten und nationalen, wie globalen Konzerne, gern in Instituten oder Stiftungen versteckt, viel Geld für Studien aus, die dann von Medien als reine Lehre verbreitet werden, um diese These und solche Berichte zu widerlegen. In der Lesart haben Reichtum und Armut dann natürlich nichts miteinander zu tun. Schon die Römer haben sich ihre Sklaverei mit Aufwand schön gelogen.)

Dieser 16.12.2021 war im Bundestag jedenfalls ein kaltherziger und egoistischer Tag, weder der Demokratie noch dem Gemeinwesen und dessen Wohl sonderlich dienlich. Instinktlos und beschämend. Einfach nur traurig.

*Titelbild: PublicDomainPictures auf Pixabay

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