Leben

Grüße aus den USA

Die New York Times malte in ihrer Ausgabe vom 8. September 2022 ein düsteres und sehr wahrscheinliches Szenario für Europa. Dieses zu erkennen, hätte man allerdings nicht die NYT gebraucht. Einen Hinweis, dass auch das jetzt aufziehende Krisenszenario mit einem zentralen Konflikt unserer Zeit zu tun hat, nämlich dem Krieg der Reichen gegen die Armen, gab es von der NYT im Zusammenhang mit ihrer Prophezeiung nicht. Was schon etwas erstaunt. Hat doch im November 2006 der Multimilliardär Warren Buffett höchstpersönlich die Redaktion der NYT in deren Bürotower auf diesen Krieg aufmerksam gemacht. Glaubt man dem damaligen Beitrag der NYT, wirkte der globale Großinvestor Buffett fröhlich und war siegessicher, soweit es seine Klasse der Reichen anbelangt. In ihrem aktuellen Beitrag über den wankenden Kontinent Europa lässt die NYT noch einen anderen Sachverhalt vorsichtshalber lieber aus. Dass nämlich die USA stets ihre Finger und Interessen im Spiel haben, sobald durch die neoliberal gelenkte Weltwirtschaft verursachte Gefahren für andere Nationen aufziehen. So zu tun, als würden die Entscheidungsträger in Europa allein und völlig frei agieren, ist ziemlich lächerlich. Welche Nation wollte denn eigentlich, dass Nord Stream 2 dichtmacht und dass sich Europa von Russland abkoppelt? Und wollte diese Nation jene betriebene Abkopplung aus Sorge um den Weltfrieden und die Menschheit oder aus wirtschaftlichen und politischen Eigeninteressen? 

Europas Menschen erleben gerade, wie sich der schreckliche Neoliberalismus und Putins Ukrainekrieg wie eine Art Zangenbewegung auf ihr Leben auswirken, als würden Zahnräder ineinandergreifen und einen Mechanismus auslösen, der alles zermalmt, zuerst das Dasein der rasant anwachsenden Unterschicht. Der Neoliberalismus begann seinen Feldzug gegen den europäischen Sozialstaat alter Prägung, da war an einen Zaren und Kriegsherren Putin im Kreml noch nicht zu denken. Chicagoer Schule, Thatcherismus und Reaganomics hießen die Wegbereiter und Instrumente der Bedrohung. Was sich nun zur Schockwelle für Europa zusammenbraut, spiegelt wider, was unter dem Dach des politischen und wirtschaftlichen Zusammenschlusses World Economic Forum inhaltlich vorgedacht wird. Ob dieses Vordenken, wie es öffentlich und mildtätig verkauft wird, der Menschheit oder einer sehr kleinen Zahl von mächtigen und reichen Eliten dient, kann jeder für sich herausfinden. Dafür braucht es nur einen Blick in den Alltag und das Leben auf diesem Planeten. Der spürbare soziale und gesellschaftliche Niedergang, der unseren Kontinent erfasst, ist schon sehr lange mit Händen zu greifen. Jener Verfall hat jetzt nur deutlich mehr Tempo aufgenommen. Wie schreibt die New York Times:

Schockwellen treffen die Weltwirtschaft und stellen eine ernste Gefahr für Europa dar. Die Bedrohung für die industrielle Stärke und den Lebensstandard Europas ist besonders akut, da die politischen Entscheidungsträger versuchen, den Kontinent von den russischen Energiequellen abzukoppeln. Wir erleben die größte Entwicklungskatastrophe der Geschichte, bei der mehr Menschen schneller in bittere Armut gedrängt werden als je zuvor. (NYT, Auszug, 8.9.2922)

*Beitragsbild: Ben Kerckx auf Pixabay

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