Gesellschaft

Hans im Pech

Ja. Doch. Das kleine Saarland (990.000 Einwohner) hat einen leibhaftigen Ministerpräsidenten. Und was für einen! Kein Hans im Glück, sondern einen Tobias Hans. Manchmal sitzt dieser in Talkshows wie ein entlaufener Klassenprimus mit der Ambition Schülersprecher. Man muss Herrn Hans nicht kennen. Auf ihn lässt sich das Bonmot anwenden, welches Winston Churchill über Clement Attlee in die Welt setzte: „Ein leeres Taxi hielt vor dem Parlament und Tobias Hans stieg aus.“ Dieser Mann aus dem „leeren Taxi“ war am Wochenende unterwegs und hielt empört an einer Tankstelle oder ließ halten. Dort zückte er dann sein Smartphone, filmte sich mit wehendem Haar tapfer gegen den Wind und verbreitete dieses Sujet nebst einer ihm wichtigen Botschaft flugs auf Twitter. So weit, so gut, Social Media gehört heute zum Alltag der meisten öffentlichen Personen. Nicht der Vorgang ist interessant, sondern die Botschaft des Saarland-MP, der im Wahlkampf und darin mit seiner CDU in Umfragen ziemlich weit hinten liegt. In solchen Lagen gerät Politikern oftmals der Ungeist des Populismus in den Kopf und leider über die Lippen. Damit ist Herr Hans im Politikuniversum wahrlich nicht allein.

Benzinpreise rühren extrem an Deutschlands Wohlstandsmärchen und regen die Menschen auf, weil sie davon sehr real und täglich betroffen. Für viele Menschen kann daraus sogar eine existenzielle Frage werden, zumal öffentliche Verkehrsangebote hierzulande keine wirkliche Alternative, wenn man an deren Preisgestaltung und Verfügbarkeit denkt. Der Ministerpräsident des Saarlandes redete über „das Problem, welches doch einfach ist, dass sich im Moment der Staat bereichert. Der Staat bereichert sich an diesen gestiegenen Energiekosten, und deswegen muss eine Spritpreisbremse her.“ Wer will ihm da bitte nicht sofort zustimmen? Doch so einfach ist es dann doch nicht. Pelz waschen, ohne sich nasszumachen, geht hier nicht durch. Seine Partei CDU hat genau diese Steuern in 16 Jahren Regierungsbeteiligung mit verantwortet, worüber er nie ein protestierendes Wort verlor. Aber jetzt „vom Staat“ reden, als wäre ein amtierender Ministerpräsident nicht sogar Teil des Staatsapparates. Stattdessen den Mann des Volkes und Versteher von dessen Sorgen spielen, wirkt doch sehr wohlfeil und stinkt nach Populismus. Zur schamlosen Gewinn- und Geldgier der Mineralölkonzerne fiel ihm interessanterweise an der Tankstelle kein Wort ein. Merkwürdig. Oder auch nicht.

Populisten gehören längst zum Alltag. (Bild: Gerd Altmann auf Pixabay)

Doch seine wahre Geisteshaltung rutsche Herrn Ministerpräsident Hans eher beiläufig und im windigen Plauderton heraus. Sprach er doch über die extremen Preissteigerungen beim Kraftstoff in sein Smartphone: „Das trifft jetzt nicht nur Geringverdiener, sondern das trifft wirklich die vielen fleißigen Leute.“ Rums, schnapp, bum, peng, das hat gesessen. Als wären das Leid und die finanzielle Sorgenwelt der Geringverdiener okay und hinzunehmen, diese eben keine „fleißigen Leute“. Nichts anderes wird durch diese Spontanäußerung impliziert. Das Statement von Tobias Hans verrät eine Menge über sein Menschenbild, entlarvt einen Heuchler und zudem Verächter der Unterschicht. Mit seinem populistischen Wählerfangversuch an der Tanke und dieser Geisteshaltung, dass Geringverdiener eher nicht fleißig, disqualifizierte sich der Saarland-MP selbst. Ein Narr hat sich aus Torheit den Spiegel vorgehalten und uns dabei zusehen lassen. Demnächst sitzt er sicher wieder in Talkshows und darf erklären, was er wie und warum so nicht gemeint hat und in Wirklichkeit sagen wollte. Talkshows kann man abschalten und Saarländer, darunter auch die laut Herrn Hans nicht so fleißigen Geringverdiener, können ihren Ministerpräsidenten am 27. März dieses Jahres sogar abwählen. Sollte es so kommen, kann dieser Hans im selbst gemachten Pech ja wieder den Traum vom Schülersprecher aufleben lassen.

*Titelbild: Tobias Hans, Ministerpräsident des Saarlands (Screenshot: TV Phoenix)

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert