Gesellschaft

Lügner und Lump

Der große Verächter und Scharlatan Boris Johnson wird nun von seiner eigenen Partei davongejagt. Nichts Neues in London. So erging es nach dem Krieg schon Anthony Eden und Margaret Thatcher, so erging es Tony Blair und Theresa May. Besonders die Torys wissen ihre Anführer zu köpfen, wenn sie dafür das Land und die Institution in den Händen behalten. Bei der deutschen Berichterstattung über die Ereignisse um Boris Johnson sitzt wieder das große Vergessen in eigener Sache mit im Boot. Gönnen wir uns eine Rückschau des Grauens. Boris Johnson und die Torys siegten bei der Parlamentswahl vom 12. Dezember 2019 triumphal über Labour. Die Wähler? Mitnichten. Derjenige, der in Großbritannien seit Jahrzehnten Wahlen entscheidet und Premierminister macht, ist Rupert Murdoch. Medienmogul genannt, aber auch nur ein übler Oligarch. Sein Gift und sein Ungeist in Sendern wie ‚Fox News Channel‘ und einem Blatt wie ‚The Sun‘ stehen in der Tradition eines William Randolph Hearst, eines Alfred Hugenberg und in den schlimmsten Momenten auch eines Joseph Goebbels.

Blair, Trump und Johnson erschaffen. Milliardär und Massenmanipulator Rupert Murdoch. (Screenshot: Arte-Doku)

Manchmal stellt Murdoch, so er bei Sauereien und Menschenverachtung erwischt wird, Produkte ein und schafft neue Fäkalgruben. Sein Drecksblatt ‚News of the World‘ machte er dicht, als herauskam, dass die Redaktion mit illegalen Abhörmethoden die Mailboxen von Tausenden Prominenten und Politikern ausspionierte und es später vertuschte. Um die war es nicht schade, darunter nämlich viele Murdoch-Kumpel und Handlanger oder solche, die ihm nur in gebückter Haltung entgegenkamen. Aber es wurden auch Eltern abgehört, die gerade ihre Kinder verloren hatten. So viel über einen Typen, der das personifizierte Böse auf Erden und dessen Handwerk der Rufmord. Damit wurde er Multimilliardär. Der britische Schauspieler Hugh Grant brachte es auf den Punkt: „Rupert Murdoch ist eine Gefahr für die Demokratie.“ Die Briten stört so etwas offenbar mehrheitlich nicht. Sie geben seit Jahrzehnten ein beängstigendes Zeugnis ihrer politischen Unreife ab, indem sie auffressen, was jemand wie Murdoch ihnen serviert. So wurde mancher Lump und Lügner zu ihrem obersten Verderber, den sie gegen ihre Interessen wählten, während anständige Menschen auf der Strecke blieben. Mitleid sollte man mit den Briten daher nicht haben. Jedes Volk bekommt die Regierung, die es verdient. Eine britische Supermarkt-Angestellte brachte es in der BBC nach der Johnson-Rücktrittsmeldung an die Adresse ihrer Landsleute gut zum Ausdruck: „Vergesst nie, warum und wie ihr für diesen Dreckskerl gestimmt habt. Jetzt ist es zu spät. Sie wollten seine Fahrt, jetzt genießt die Achterbahn in den Abgrund, den ihr euch gewählt habt.“

Hassobjekt von Eliten. Opfer der größten Rufmordkampagne der britischen Nachkriegsgeschichte. Jeremy Corbyn.

2015 siegte ein einfacher Labour-Abgeordneter, ein anständiger und ehrlicher Parlamentarier, solche werden manchmal Hinterbänkler genannt, im Kampf um den Parteivorsitz von Labour. Jeremy Corbyn war kein Angehöriger der britischen Elite oder Oberschicht. Dafür wurde er von den Torys wie auch den Labour-Eliten gehasst. Doch die Mitglieder der Gewerkschaften, Studenten und Schüler liebten und folgten diesem Mann, der Anstand und Ehrlichkeit besaß, wie man es von Politikern in Großbritannien seit Harold Wilson nicht mehr kannte. Die Fans  des FC Liverpool sangen bei Spielen seinen Namen. Corbyn gewann Hunderttausende Neumitglieder. Labour wurde zur mitgliederstärksten Partei Europas. Die Corbyn-Unterstützer-Bewegung ‚Momentum‘ begeisterte junge Menschen für Politik. Corbyn und sein angekündigter Sozialkurs zogen die Leute an. Das Establishment hasste diesen Linken vom ersten Tag an wie die Pest und bekämpfte ihn. Murdoch schritt zur Tat und erledigte dann den Störenfried. Mit der größten Rufmordkampagne der britischen Geschichte wurde Corbyn geschändet. Zeitgleich jubelte das Establishment Boris Johnson zum Messias hoch und verkaufte diesen als Retter. Und ewige Schande, selbst ehemals seriöse Medien wie der Guardian und die BBC schwenkten auf Murdoch-Kurs. Während Corbyn von der BBC in Livesendungen mit verbalem Dreck überkübelt wurde, machten die Reporter mit Johnson Selfies. Die Krönung der Hetzjagd dann Jonathan Freedland, ein Guardian-Kolumnist, der aber im Geiste eines Murdoch unterwegs. Dessen konstruierte Antisemitismusvorwürfe gegen Corbyn erledigten diesen endgültig. Übrigens stellte sich nach der Wahl heraus, dass viele Labour Eliten heimlich gegen ihren Vorsitzenden Corbyn konspirierten.

Murdochs Rufmordkampagne gegen Jeremy Corbyn. Von deutschen Medien oft 1zu1 übernommen.

Von keinem Vorwurf gegen Corbyn blieb etwas übrig. Corbyn galt aber weiterhin als gefährlicher Gegner des Neoliberalismus, weil er die Menschen erreichte. Deshalb musste er final erledigt werden. In der Partei wurde er daher von alten und rechten Eliten gestürzt. Heute ist Sir Keir Starmer Labour Vorsitzender. Ein strammer Neoliberaler, der seit Amtsantritt die Linken in der Partei an den Rand drängte und Jeremy Corbyn sogar ausschloss. Hunderttausende sind längst wieder aus dieser Partei ausgetreten. Beschämender Höhepunkt der alten Arbeiter- und Gewerkschaftspartei, Labour-Chef Starmer stellte sich öffentlich gegen streikende Bahnarbeiter. Das neoliberale Establishment jubelte und lobte Labour. Das Leckerli aus dem Hause Murdoch kam umgehend. Labour gilt in den Augen der Briten jetzt wieder als wählbar, weil Murdochs Medien es ihnen so auftischen. Eine Anleihe bei Tucholsky sei hier gestattet, die Verblödung der Massen ist vollständig. Der ungekrönte König, Clown, Lügner und Lump der britischen Volksverblödung heißt Boris Johnson. Wenn nun gerade deutsche Medien sich wieder als Erklärter der britischen Verhältnisse ihrer Klientel anbieten, dann Vorsicht! Der böse Johnson, den diese Berichterstatter jetzt entdecken und aburteilen, ist jener Johnson von 2019, kein anderer. Johnson hat sich nicht gewandelt, er war immer der üble Lump, der er heute ist. Ein Geschöpf von Murdochs Gnaden, ähnlich Tony Blair. Der Unhold deutscher Medien hieß aber Jeremy Corbyn.

Der britische Autor Colin Ward vergleicht am 7.7.2022 Johnson mit Corbyn. (Twitter: Colin Ward)

Man sollte immer zurückblättern, auf die Propaganda blicken, die jene Erklärer uns 2019 auftischten. Da wurde in fast allen deutschen Medien der Rufmord an Corbyn 1zu1 übernommen und das Gift der Murdoch-Medien unreflektiert verbreitet, als handele es sich um die pure Wahrheit. Besonders perfide darin übrigens die Berichterstatterin der ‚Zeit‘, Frau Bettina Schulz. Deren perfide Corbyn-Artikel würden auch Rupert Murdoch dazu bringen, sie sofort einzustellen. Wer über Großbritanniens Politik redet und schreibt, Menschen darüber informiert und dennoch die bedrohliche Macht des reaktionären und menschenverachtenden Oligarchen Rupert Murdoch nicht erwähnt, der klärt nicht auf, der vernebelt. Wer über die Betrügereien und Lügen des Boris Johnson die Wahrheit erfahren möchte und in den Abgrund der britischen Politik und Gesellschaft blicken will, dem sei ein Twitter-Besuch beim australischen Filmemacher, Reporter und Journalisten Peter Stefanovic empfohlen. Dem Australier ist die Aufdeckung vieler Johnson-Lügen zu danken und vor allem, dass diese nicht unter den Teppich der Vergessenheit gekehrt werden konnten. Peter Stefanovic liefert, was deutsche Medien nicht können und wollen.

Das Schlusswort dieses Tages soll an zwei Briten und einen Australier gehen. Garry Neville ist ein ehemaliger Fußballprofi von Manchester United, der seit vielen Jahren die Briten immer wieder vor Boris Johnson warnte. Er twitterte heute:

Nach 2 Jahren ist er weg! Wir müssen uns ändern und sicherstellen, dass wir nie wieder zu dieser Art von Führer und Politik zurückkehren. Bauen wir eine Gesellschaft auf, die sich um Menschen, Gesundheit, Bildung und wirtschaftliche Prioritäten des ganzen Landes kümmert.

Der schon erwähnte Schauspieler Hugh Grant gibt sich dagegen keinerlei Illusionen hin:

Liebe Welt, Sie fragen sich vielleicht, was als Nächstes in Bezug auf die britische Verfassung passiert. Die Antwort ist, dass drei Zeitungsbesitzer – die alle aus steuerlichen Gründen nicht im Vereinigten Königreich ansässig sind – zusammenkommen und unseren nächsten Premierminister oder „Pudel“ wählen. Die Königin ernennt diesen dann. (Twitter)

Natürlich kommentierte auch Peter Stefanovic das Ereignis:

Boris Johnson hat jetzt gesagt, dass er zurücktreten wird, aber möglicherweise noch bis Oktober Premierminister ist. In der Zwischenzeit stehen viele von denen, die einen lügenden, gesetzesbrechenden Premierminister schamlos ermöglicht und gestützt haben, was diesem erlaubte, dem Land unkalkulierbaren Schaden zuzufügen, jetzt schon Schlange, um ihn zu ersetzen. Der Kampf geht weiter. (Twitter)

*Titelbild: Boris Johnson (Twitter: ‚mylondon‘)

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