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Massenmörder mit Krone, Denkmälern und Schokolade

Auf dem Titelbild sehen wir Leopold II., der im Jahr 1835 geboren wurde, von 1865 bis zu seinem Tod 1909 König der Belgier war. Also 44 Jahre Herrscher seines Landes und damit auch über Belgiens Kolonie Kongo. Belgisch-Kongo hieß diese einst. In Afrika war Leopold II. Sklavenhalter, Massen- und Völkermörder, was Belgien nicht davon abhält, bis heute Denkmäler von ihm in der Gegend herumstehen zu lassen. Es sei vorweggenommen, keine Revolution fegte ihn davon, kein Cromwell schickte ihn unters Richtschwert, kein Danton stieß ihn unter die Guillotine. Seine Ahnen stellen weiter das belgische Staatsoberhaupt in Form eines Monarchen. Belgien ist ein Königreich. Im April 1885 wurde die belgische „Association Internationale du Congo“ (AIC) zur Eigentümerin des Kongo und erließ eine Verfassung für den sogenannten Kongo-Freistaat. Leopold war der alleinige Eigentümer der neuen Gesellschaft, also wurde der Kongo zu seinem Privatbesitz. Inklusive der dort lebenden Einwohner, die zu belgischen Sklaven wurden. Zur Kolonialisierung und Unterdrückung der Menschen im Kongo kamen umgehend die systematische Ausplünderung des Territoriums und die damit verbundene Versklavung der Bevölkerung durch ein königlich-belgisches Terrorregime. Die Unternehmung „Société générale de Belgique“, ein übrigens bis 2003 (!) bestehender gigantischer Mischkonzern, gewann den Kautschuk des Kongo mittels Sklaverei, Zwangsarbeit, entsetzlicher Strafmaßnahmen und brutaler Foltermethoden.

Afrika als koloniale Beute der Europäer. Mittendrin Belgisch-Kongo, der Privatbesitz von Leopold II.

Bei den belgisch-königlichen Gräueltaten standen Folter, Tötungen, grausamen Verstümmelungen und Vergewaltigungen auf der Tagesordnung. Ein Massenmord wurde in Gang gesetzt. Schätzungen über den Rückgang der einheimischen kongolesischen Bevölkerungszahl in der Zeit der belgischen Terror- und Kolonialherrschaft reichen von 1,5 bis 13 Millionen Menschen. Genaue Zahlen liegen nicht vor, können nicht mehr ermittelt werden. Das belgische Grauen über den Kongo und der Massenmord sind allerdings völlig unabhängig von irgendeinem statistischen Wert, eine bewiesene und längst belegte Tatsache. Der belgische Autor und Historiker David Van Reybrouck schrieb 2010 das erschütternde Standardwerk über den Kongo, das 2012 unter dem Titel „Kongo: Eine Geschichte“ in Deutschland vom Suhrkamp-Verlag herausgegeben wurde. Van Reybrouck bereiste den Kongo intensiv, sprach mit Hinterbliebenen, tauchte tief in alle verfügbaren Archive und beschäftigte sich ein halbes Leben mit dem Kongo und der Kolonialzeit. Dabei blickte er auf die gesamte Geschichte, nicht nur auf die belgische Unterdrückung. Ein Meisterwerk. Van Reybrouck beziffert die Opferzahlen des belgisch-königlichen Terrorregimes auf 10 Millionen Menschen. Massen- und Völkermord so oder so, egal welche Zahl nun „stimmig“.

Heute möchte Belgien lieber durch den Ruf exquisiter Schokolade glänzen und weniger bis nicht an den verursachten historischen Terror und die Kolonialgräuel erinnert werden. Wir Deutschen wissen um die Kraft des geschichtlichen Schwamms, den man über alles wischen kann. Doch selbst in Sachen Schokolade kommt das alte Grauen wieder zum Vorschein. Sicher unbewusst, aber instinktlos und gruselig. Eine Spezialität von Leopolds Schergen war das in seinem Auftrag durchgeführte Abhacken einer Hand, sobald ein Sklave die unmenschliche Arbeitsnorm bei der Kautschukgewinnung nicht erfüllte. Später wurde das Abhacken einer Hand zur strafenden Visitenkarte, eine Art Markenzeichen der belgisch-königlichen Herrschaft über den Kongo. War ein Mensch schon verstümmelt, wurde die Strafe als Sippenhaft an seiner Familie vollzogen, vor Kindern kein Halt gemacht und bestialisch vollstreckt. Heute wirbt Belgien naturgemäß mit anderen Markenzeichen. Dennoch scheut sich manch ein Süßigkeiten-Konzern nicht davor, in sein glänzendes Sortiment auserlesener Schokolade auch Schoko-Hände aufzunehmen. Makaber und instinktlos fällt einem da wohl als Erstes ein und man schämt sich fremd.

Heute Schokolade, früher bestialische Bluttat.

Ein Kongolese, der verstümmelt wurde, blickt auf die abgehackte Hand und das abgehackte Bein seiner fünfjährigen Tochter:

Sadismus in Reinkultur. Es war belgische-königlichen Beamten eine pure Freude, Kongolesen zu zwingen, einander auszupeitschen. Als Strafmaßnahme oder Folter führte die Auspeitschung oft auch zum Tode:

Internationale Proteste und Kritik sogar im Inland, vor allem von der belgischen Arbeiterpartei, veranlassten das belgische Parlament, den König zum Verkauf seines Kongo-Staates an das Land Belgien zu zwingen. Der Vertrag, der zur Übergabe führte, kostete Belgien angeblich die beträchtliche Summe von 215,5 Millionen Franken, die in Leopolds Taschen flossen. Einer der reichsten Monarchen und Verbrecher seiner Zeit. Diese neue finanzielle Freude im Leben des Leopold II. von Belgien währte noch ein Jahr, dann starb der Massen- und Völkermörder im Alter von 74 Jahren am 17. Dezember 1909 friedlich auf seinem Schloss Laeken in einem königlichen Bett. Die Belgier haben bis heute Denkmäler von Leopold II. in der Gegend umherstehen. Im Bild unten eines in der belgischen und europäischen Hauptstadt Brüssel.

Kann man einen Kapitalismus rechtfertigen, der sich auf der Grundlage von Massensklaverei entwickelt hat? (Eric Hobsbawm, britischer Historiker.)

Nie VERGESSEN: So sieht Kolonialismus aus. Belgisch-königliche Opfer.

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