Leben

Mikrobe der menschlichen Dummheit

Curt Goetz wurde am 17. November 1888 geboren und starb am 12. September 1960. Er war Autor, Schriftsteller, Schauspieler und Regisseur. Ein deutscher Gentleman und Bildungsbürger, mit der satirischen Fähigkeit eines Kurt Tucholsky und dem feinen Humor eines Alfred Polgar, dabei noch mit einer Menge Charme und sprühendem Wortwitz gesegnet. Goetz Stücke, die er oft selbst auf die Bühne brachte und auch sehr erfolgreich verfilmte, funkeln in ihren Dialogen und haben bis heute einen hohen Unterhaltungswert. Was er geschrieben und inszeniert, war pfiffig, geistreich und in seiner Art, so wie auch Goetz als Mensch, irgendwie sehr britisch. Er und sein Werk hatten wenig mit biederem Deutschtum zu tun, welches er herrlich auf seine Schippe nahm. Sein eleganter angelsächsischer Humor machte ihn vor, während und nach dem 2. Weltkrieg zu einer großen Ausnahme in Deutschland. (1939 gingen Goetz und seine Frau nach Hollywood. Er schrieb weiter Stücke und für das US-Kino Drehbücher, betrieb nebenher erfolgreich eine Hühnerfarm.) Curt Goetz Filme „Hokuspokus“, „Frauenarzt Dr. Prätorius“ und „Das Haus in Montevideo“ waren ironisch-satirische Glanzpunkte im Kino der 50er-Jahre. Zu einer Zeit, als den Deutschen immer öfter das Gehirn mit stumpfsinnigen Heimatfilmen weggeblasen wurde. Man denke nur an seinen tugend- wie sittsamen Professor Traugott Nägler, der nicht nur ein Haus in Montevideo erbt, sondern im Angesicht einer möglichen Bargeldzufuhr von einer herrlichen und allzu menschlichen Geldgeilheit gepackt wird. Verheiratet war Curt Goetz seit 1923 mit der großen Liebe seines Lebens, der Schauspielerin Valérie von Martens. Gemeinsam standen sie in allen seinen Stücken und Filmen auf der Bühne und vor der Kamera. Heute geht es hier – sozusagen aus aktuellem Anlass und wegen des herrschenden Zeitgeistes – um eine Passage aus einem seiner Erfolgsstücke (‚Dr. med. Hiob Prätorius‘). Curt Götz führte Regie und spielte die Titelrolle. Dabei an seiner Seite natürlich Valérie von Martens. In einer Nebenhandlung des Stückes (Films) wird darauf hingewiesen, dass jener Dr. Prätorius in seiner Freizeit akribisch die ‚Mikrobe der menschlichen Dummheit‘ sucht.

Valérie von Martens und Curt Goetz. (Screenshot: Dr. med. Hiob Prätorius)

Seinen Studenten erklärt besagter Dr. Prätorius die Sache wie folgt: „Nach dem Gesetz, dass ein Mittel gegen eine Krankheit immer dann gefunden wird, wenn sie ihren Höhepunkt erreicht hat, wenn sie schier unerträglich geworden ist, nach diesem Gesetz, muss heute oder morgen die ‚Mikrobe der menschlichen Dummheit‘ gefunden werden. Wenn es gelingt, ein Serum gegen die Dummheit zu finden, diese entsetzlichste aller ansteckenden Krankheiten, dann wird es im Nu keine Kriege mehr geben, und an die Stelle der internationalen Diplomatie wird der gesunde Menschenverstand treten. Die Dummheit tot! Welch fantastische Perspektive.“ Später im Verlauf der Handlung erläutert er das Ding mit der Mikrobe und der Dummheit auch der Gattin am Frühstückstisch: „Wenn man nach zwei Weltkatastrophen eine dritte plant, muss doch irgendetwas mit den Gehirnen der Menschen nicht mehr in Ordnung sein. Und im Zeitalter, wo man den Sonnenstrahl wägen kann, wo man berechnen kann, dass das Elektron des Wasserstoffatoms in einer millionstel Sekunde sieben Milliarden Mal seine Bahn durchläuft, sollte man herausfinden können, was es ist, was diese Verheerungen im Menschenhirn hervorruft. Übrigens können die Mikrobe, der Virus, was immer die Dummheit hervorruft, nach dem Resultat zu urteilen, gar nicht so winzig sein. Ich stelle sie mir in der ungefähren Größe eines Albatros vor. Natürlich könnte man jeden Krieg verhindern. Ein internationales Abkommen, das bestimmt, dass die Staatsoberhäupter und die Diplomaten der kriegführenden Mächte im vordersten Schützengraben zu liegen haben, würde den Ausbruch des ewigen Weltfriedens zur Folge haben. Aber man kann nicht verlangen, dass die Welt auf einen so unkomplizierten Ausweg verfällt.“

*Titelbild: Gerd Altmann auf Pixabay

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