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Nach der Feier nun die Arbeit

Laut einer neuen Analyse von Carbon Brief, einer britischen Website, die sich auf die wissenschaftliche und politische Betrachtung des Klimawandels und globaler Umweltprobleme spezialisiert hat, könnte die Niederlage von Jair Bolsonaro bei den gerade beendeten brasilianischen Präsidentschaftswahlen zur positiven Folge haben, dass die Abholzung des Amazonas in Brasilien in den nächsten zehn Jahren um ca. 89 % zurückgeht. Dies wurde ermittelt anhand der vorliegenden Daten von Lulas erster und zweiter Amtszeit (2003 bis 2011) und seinen Ankündigungen im Wahlkampf dort wieder anzuknüpfen. Lulas Wahlsieg könnte somit den Verlust von 75.960 km2 Amazonas-Regenwald bis 2030 verhindern, einer Fläche von der Größe Panamas. Diese Abholzung und Zerstörung – nach oben offen – gehörte zu den Plänen von Bolsonaro und seiner faschistoid-neoliberalen Freunde. Jenes nun nicht eintreten zu lassen, würde die Emissionen Brasiliens deutlich eindämmen, sofern es mit einer Konzentration auf die Wiederherstellung von Wäldern einhergeht. Genau das hat Lula in seinem Wahlprogramm stets angekündigt.

Lula abgekämpft. Den Tyrannen besiegt. Dem Triumph folgen nun die Mühen. (Twitter: Lula)

Für viele von uns wegen der eigenen ablaufenden Uhr nicht mehr wirklich relevant. Aber jene, denen ihre Nachkommen und deren Zeitgenossen, also künftige Generationen noch etwas bedeuten, die sollten dieses kleine Zeichen der Hoffnung annehmen. Diese Hoffnung kam nicht im rauschenden Triumph daher, sondern hing lange an einem seidenen Faden. Es war sehr knapp. Erinnert sei auch daran, dass Bolsonaro noch bis 31.12.2022 im Amt ist. Jemand, den der brasilianische Philosoph und Psychologie Vladimir Safatle als „klassischen Faschisten“ bezeichnet, wird sicher nicht Däumchen drehen. In zwei Monaten lassen sich noch viele neoliberale oder faschistische Untaten organisieren. Deshalb sollte dem Jubel in Brasilien und andernorts eine wache Aufmerksamkeit an die Seite treten. Immerhin hat dieser Bolsonaro die Hälfte der Wähler für sich gewonnen. Erschreckend denkt man an seine Amtszeit und Politik.

Der britische Autor, Umweltaktivist und Journalist (Guardian-Kolumnist) George Monbiot hat dieser beunruhigenden Auffälligkeit heute in einem Tweet Aufmerksamkeit geschenkt:

Der Sieg von Lula ist die beste Nachricht des Jahres. Bolsonaro war nicht nur eine Bedrohung für das Leben der Brasilianer, sondern für das Leben auf der Erde. Einiges von dem Schaden, den er angerichtet hat, kann rückgängig gemacht werden. Einiges ist irreparabel. Aber zumindest ist er raus. Dennoch ist das Ergebnis dieser Wahl auch höchst beunruhigend. Nach solch grotesker Misswirtschaft, Massensterben, Korruption und Zerstörung zeigen die Stimmen, die er erhalten hat, wie mächtig Fehlinformationen geworden sind. Die Menschen würden für Vlad den Pfähler stimmen, wenn seine Spindoktoren gut genug wären. Wie Studien in den USA von Christopher Achen und Larry Bartels zeigen, verfügt die große Mehrheit der Wähler über keinerlei nützliche politische Informationen. Ohne die nötige Zeit oder das nötige Handwerkszeug, um die Politik zu verstehen, werden wir munter in die Arme von Leuten getrieben, die uns zerstören wollen.

Die Analyse von George Monbiot ist im europäischen Alltag täglich zu beobachten, man muss dafür nicht in die USA oder nach Brasilien blicken. An der Aufhellung des politischen Bewusstseins ihrer Bürger sind auch in Europa die Eliten nicht interessiert. Konzernmedien und deren Journalisten stehen mehrheitlich fest an der Seite neoliberaler Gesellschaftsumformungen, beschädigen dafür auch sehr bewusst den Restbestand von Demokratie, sobald neoliberale Politik in Gefahr. Die Wahlen in Frankreich waren gutes Beispiel, wo Medien neoliberale Politik und deren Vertreter unterstützten, während Gegner des Neoliberalismus mit Schmutzkampagnen überzogen wurden. Nützliche politische Informationen hat der Wähler nicht bekommen, dafür aber eine Flut von Fehlinformationen. Und das im politisch aufgeklärten Frankreich! In der Heimat von George Monbiot, Großbritannien, sieht es noch verheerender aus. Da hat der Bürger eine Flut von Verblödungsmedien um seine Ohren und tief im Kopf, wählt längst wie auf Knopfdruck gegen seine eigenen Interessen und macht nicht, was gut für ihn ist, sondern was der reaktionäre Medienzar Rupert Murdoch ihm eintrichtert. Handwerkszeug zur politischen Aufklärung in den Händen des Volkes, eine Schreckensvorstellung für Murdoch und Konsorten, vor allem bedrohlich für den Neoliberalismus.

Freuen wir uns über Lulas Sieg und vergessen nicht an kommende Tiefschläge zu denken, die längst in Arbeit. Die Reaktion schläft nie, dass muss Arbeiterklasse nach wie vor lernen. Im andauernden Krieg der Reichen gegen die Armen steht es weiterhin schlecht um die Seite der Armen.

Lula: Hoffnung. Nicht mehr – nicht weniger. (Twitter: Lula)

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