Gesellschaft

Provokateur als Hofnarr

Fips Asmussen ist auf diesen Seiten Unrecht geschehen. Mehrmals wurde sein Name genutzt, um Wolfgang Kubicki zu karikieren, wenn der mal wieder den Hofnarren der deutschen Politik auf den Bühnen des Talk-Boulevards gab. Der 2020 verstorbene Komiker Asmussen möge auf seiner Wolke dem Schreiber dieser Zeilen bitte Nachsicht für den Fauxpas gewähren. Die Versuchung war groß, aber dennoch falsch. Niemand hat es verdient, mit Wolfgang Kubicki verglichen zu werden. Asmussen wollte sein Publikum mit einfachen und manchmal zotigen Mitteln unterhalten, es vom Alltag ablenken. Kubickis laute Marktschreierei ist dagegen beleidigend und selbstgerecht, eine Mixtur aus Pöbelei und Peinlichkeit, welche den Typus Politiker und die Politik in Gesamtheit immer weiter in Verruf bringt. Wolfgang Kubicki ist jener wortreiche FDP-Mann, der in öffentlicher Gesprächsrunde einem Krankenpfleger vorgeschlagen hat, Pflegekräfte mit zu wenig Einkommen könnten doch als Altersvorsorge z. B. als Babysitter arbeiten. Menschen mit einem Funken Anstand würden sich für solche Sätze in Grund und Boden schämen. Wolfgang Kubicki nicht.

Der verbale Senf von Kubicki, einem Anwalt, Multimillionär und FDP-Politiker, wird bei jedem Thema, von dem er nichts versteht, auf sämtliche Politikvorgänge im Land gestrichen. Ob er sich der Wortwahl von Stammtischparolen bedient, um Gesundheitspolitiker zu beleidigen, so qualifizierte er den Harvard-Absolventen Karl Lauterbach über verbale Umwege als Dumpfbacke ab, oder ob er in Talkshows den vorlauten wie vitalen Politgreis gibt, sein Mundwerk ist nie zu stoppen. Dabei häuft der genannte Herr Entgleisung auf Entgleisung und bekleidet dennoch das würdevolle Amt eines Bundestagsvizepräsidenten, dem angeblich eine gewisse Vorbildfunktion innewohnen sollte. Der Medienmarkt, der von Entgleisungen lebt, hat in Kubicki einen getreuen Zulieferer. Was diesen mit allen politischen Wassern gewaschenen Politfuchs antreibt, der stets in der freundlichen Maske eines feinen Biedermanns daherkommt, bleibt dennoch im Nebel. Ob die Provokationen nun bewusst gesetzt oder ungesteuert fließen, sie tragen jedenfalls dazu bei, das gesellschaftliche Klima im Land weiter zu vergiften.

Wolfgang Kubicki (Screenshot aus Tagesspiegel-Gespräch. Rechte beim Tagesspiegel.)

Während die FDP sich aller Voraussicht nach gerade das Gesundheitsministerium ergattert, benutzte Kubicki, der seit 2013 das Amt des stellv. FDP-Parteivorsitzenden innehat, das vergangene Wochenende, um den Vorsitzenden des Weltärztebunds übel zu verunglimpfen, jenen Frank Ulrich Montgomery als „Saddam Hussein der Ärzteschaft“ zu bezeichnen. Den bayerischen Ministerpräsidenten Söder, dem wohl langsam schwant, dass die Menschen im Land ohne Impfpflicht in eine Spirale des Corona-Sterbens geraten könnten, bezeichnete Kubicki wegen dieser Nachdenklichkeit als „charakterlos und erbärmlich“. Von Kubicki selber kommen auch Vorschläge zur Pandemiebekämpfung. Er schlägt vor, die Notfallreserve der Intensivbetten zu aktivieren. Hier zeigt sich die Inkompetenz eines Politikers und seiner Partei im Lichte gleißender Unwissenheit. Jene Partei, die ausgerechnet das Bundesgesundheitsministerium übernehmen will, und ihr notorischer Schreihals haben schlicht keine Ahnung von den Verhältnissen im Gesundheitswesen. Es ist nämlich keine plumpe Frage von Einrichtung und Mobiliar. Wir haben in Deutschland nicht zu wenig Betten in den Krankenhäusern und auf Intensivstationen, wir haben zu wenig Pfleger, Mediziner und Fachpersonal. So etwas müssen die FDP und Kubicki, ein edler Bund von bestens privat Versicherten, natürlich nicht wissen.

Zum Abschluss zurück zu einem guten Menschen. Fips Asmussen musste wegen des profanen Lebenserhalts vielerlei Klamauk machen, um ein auf Klamauk gebürstetes Publikum zu befrieden. Was dabei etwas unterging, war seine andere Seite. Dieser Fips Asmussen hatte nämlich mehr zu bieten. Es gibt bis heute wohl keinen Rezitator, der „Das Ideal“ von Tucholsky so erdig vortragen konnte. Da stach der geborene Hamburger Asmussen viele klassische Berliner brillant aus. Ehre seinem Angedenken.

*Titelbild: J Lloa auf Pixabay

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