Gesellschaft

Unerwünscht

Frank-Walter Steinmeier, der aktuelle Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, ist in der Ukraine nicht erwünscht. Man will ihn in Kiew nicht sehen. Na und? So etwas entspannt den peinlichen Besuchszirkus von westlichen Politikern in Kiew. Man denke nur an Boris Johnson, der sich als tapferer Europäer in Kiew feiern ließ und in Deutschland dafür vom Boulevard als Vorbild für unsere Politiker benannt wird. Ein Mann, der in Großbritannien die Wähler, das Parlament und seine Partei latent belügt, dem Europa völlig wurst, der das Vereinigte Königreich aus der EU führte und als Vater des Brexit in die Geschichte eingehen wird. Soll sich also Frank-Walter Steinmeier nicht zu sehr grämen, in solcher Gesellschaft zu fehlen. Die Ausladung Steinmeiers und die damit verbundene Brüskierung der Bundesrepublik kann sich der ukrainische Präsident natürlich spielend leisten. Wolodimir Selenskij ist längst ein unantastbarer Ersatzgott, weil man ihn zu einem Freiheitshelden der westlichen Welt erhoben. Die reale Betrachtung ist wie immer im Leben weit weniger prosaisch. Die Geschäfte und Verstrickungen des Schauspielers und Politikers Wolodimir Selenskij mit dem dubiosen Oligarchen Ihor Kolomoiskij lassen sich in den Pandora Papers nachlesen. (Es lohnt auch ein Text aus der Süddeutschen Zeitung unter dem Titel „Korrupt wie eh und je“ vom 25. Februar 2021. Online verfügbar.) Davon ist aktuell natürlich nicht mehr die Rede, so etwas trübt nur den Glanz von Götterstatus und Heldenkrone, weswegen solch störendes Zeug lieber unter den Tisch wandert. Wolodimir Selenskij führt sich als der Unantastbare auf. Wer kann es ihm verdenken? Wir alle haben ihn dazu gemacht. Nur müssen wir einfach begreifen, dass auch ein Volk, welches sich gegen einen Aggressor zur Wehr setzen muss und einem brutalen Angreifer in einem Krieg gegenübersteht, von einem sich überschätzenden Selbstdarsteller angeführt werden kann.

Wenn unser Bundespräsident von seinem Amtskollegen in Kiew ausgeladen wurde, kann er sich ja daheim mit Herrn Melnyk treffen, dem ukrainischen Botschafter in Berlin. Der führt sich in diesem Land, befeuert von der inbrünstigen Hilfe der Boulevardmedien und Boulevardtalks, schon lange wie ein Nebenkanzler und höchste moralische Wächterinstanz auf. Es vergeht kein Tag, wo dieser Herr Melnyk nicht eine irrsinnige Parole oder Forderung in die mediale Landschaft stellt. Kein ukrainischer Botschafter weltweit erlaubt sich solch durchgeknalltes Verhalten gegenüber seinem Gastland. Dieser schon. Wobei er es spielend schafft, immer öfter den Eindruck zu erwecken, entweder größenwahnsinnig zu sein oder schlicht und ergreifend nicht alle Tassen im Schrank zu haben. Was auch immer. Dieser Herr Melnyk ist selbstverständlich kein Diplomat, kann daher nicht mit Diplomaten verglichen werden. Er gibt eher den Psychopathen, den eine bestimmte Medienklientel aufbaut und gleichermaßen geifernd nutzt, was Psychopathen grundsätzlich als Bestätigung ihres Irrsinns auffassen und noch weiter durchdrehen. Insofern ist die Melnyksche-Schreckensspirale für uns noch lange nicht an ihr Ende gekommen. Deutsche Politiker müssen sich allerdings fragen lassen, wie lange sie den Gaukeleien dieses Scharlatans noch willfährig und duldsam zuhören und folgen wollen. Die Ukrainer sind um ihre politische Klasse jedenfalls nicht nur zu beneiden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sollte sich derweil weder von Herrn Selenskij noch von Herrn Melnyk am Nasenring durch die Manege führen lassen, lieber in Ruhe und mit seiner bewährten Sachlichkeit den aktuellen Aufgaben in Berlin und andernorts nachkommen. Es gibt durchaus eine Menge zu tun auf nationaler wie internationaler Bühne.

*Beitragsbild: John Hain auf Pixabay

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