Zwei Monate vor der Bundestagswahl hat man den Eindruck eines politischen Komas im Land. Aktuell rangeln drei Menschen um den Einzug in den hässlichen Betonbau, in dem noch Angela Merkel am Kanzlertisch sitzt. Die Auseinandersetzung der Kandidaten gleicht eher einem Krampf und einer Spielplatzschubserei, von Wahlkampf kann nicht wirklich die Rede sein. Schlagzeilen ersetzen Politik und zeigen ein erschreckendes Niveau. Die Kanzlerkandidaten bieten dabei eine Performance, die an Theaterdirektor Striese und dessen Schmiere erinnert. Armin Laschet knüpft Sätze, deren Enden selten mit dem Anfang korrespondieren und so vage sind, dass ein an die Wand genagelter Pudding dagegen als stabile Aussage gelten muss. Zwischendurch immer wieder Böcke die vom Hochsitz fallen. Der NRW-Ministerpräsident scheint auch der festen Überzeugung, globale Naturkatastrophen halten sich an den Konsens zum Kohleausstieg in NRW. Ähnlich verhält es sich mit den Coronaschutzverordnungen im Bundesland NRW, die einem Tohuwabohu gleichen. Die angebliche Konkurrentin Annalena Baerbock kann zum Thema Tohuwabohu einiges beisteuern. Stets ist sie stark betroffen von ihren eigenen Aussagen und hat einen Faible diese nur Stunden später zu revidieren. Moralisch zerknittert leistet sie dann Abbitte. Medien haben für die Spitzengrüne einen Weg roher Eier gelegt, die Grünen und ihre Spitzenfrau noch eigene Fettnäpfe dazugestellt. Journalisten stellen an die Politikerin Baerbock Ansprüche, denen sie selber nicht standhalten. Dennoch reicht diese Art der Berufsauffassung, um Frau Baerbock und damit die Grünen am Nasenring durch die Manege zu führen. Keiner hat wohl ein schlechteres und hasenfüßigeres Wahlkampfmanagement als die Grünen. Vom Totenschlaf der Linken abgesehen.
Und Olaf Scholz? Über den liest man „Scholz liegt vorn“ und fragt sich, wo die SPD bleibt. Wobei einem da unweigerlich Walter Ulbricht und dessen „überholen, ohne einzuholen“ in den Sinn kommt. Olaf Scholz ist allerdings der Meinung „die Stimmungslage bewegt sich in Richtung SPD“. Humor hat er zumindest und den auch in seiner Social Media Welt. Da twitterte er unlängst: „Als Kanzlerkandidat drücke ich natürlich dem gesamten @TeamD die Daumen.“ Na toll. So er nicht Kanzlerkandidat wäre, würde er dann nur dem halben Team den Daumen drücken oder Malaysia? Wer berät diese Leute eigentlich und wer verfasst deren Texte? Seine Mitbewerber haben für solchen Unfug allerdings kein Auge, weil ausreichend eigenes Blei um den Hals. Armin Laschet hat mittlerweile einen festen Platz als Zulieferer für Ulknudeln und Satiriker. Wobei Schadenfreude lieber im Zaum gehalten werden sollte. Als einst eine Frohnatur aus Mainz in den Politikbetrieb nach Bonn wechselte, lachte halb Deutschland. Als dieser sich aufmachte auch noch Kanzler zu werden, die FDP hatte mal wieder ihre Wähler betrogen und lieferte ihre Stimmen, wunderte sich das Land und das Kabarett hatte seine Birne. Nach 16 Jahren Kohl war den meisten aus vielerlei Gründen das Lachen abhandengekommen. Sich 16 Jahre Laschet vorzustellen lässt manches Lachen schon vor dem Start ersterben. Nun soll dem Berserker Kohl nicht noch der Vergleich mit dem Leichtmatrosen Laschet hinterhergeworfen werden. So etwas hat selbst Kohl nicht verdient.
Bei Annalena Baerbock ist die Kanzlerschaft längst erledigt. Der arge Weg zur Erkenntnis wird für sie und die Grünen zwei Monate Spießrutenlauf bedeuten. Für Aufbruch und Euphorie sorgen beide nicht und auch nicht der vorne liegende Olaf Scholz. Das kraftlose Trio wird sich entweder neu erfinden müssen oder sich lethargisch und ohne Fortune ins Ziel schleppen. Da stehen dann unheilvoll die FDP, die sich wohl in alle möglichen Bündnisse drängeln wird und Friedrich Merz, der neue Superminister. Also zwei neoliberale Schrecken, die sich als Mitte gerieren werden. Scholz wird im Ziel zwei Menschen sehen, die er nicht kennt, was dann wohl die beiden SPD Vorsitzenden sind. Frau Baerbock wird auf Herrn Habeck treffen, hinter dessen Stirn die Frage hämmert: „Weshalb noch mal sollte Annalena B. unbedingt Kanzlerkandidatin der Grünen werden?“ Bei Olympia wartet im Ziel Gold, im Bundestagswahlkampf wohl nur der Katzenjammer am nächsten Morgen.
*Beitragsbild: KuyaAndy auf Pixabay (Berliner Kanzleramt)