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Die Gedanken sind frei

Frank Schirrmacher selber hätte wohl den Kopf über die Wortwahl geschüttelt. Eine Frank-Schirrmacher-Stiftung, deren Existenz durch seinen zu früher Tod in Gang gesetzt, verleiht einen jährlichen Preis. In Deutschland eher die Norm als die Ausnahme. Jener Preis, selbstredend nach Schirrmacher benannt, geht nun im Jahr 2021 an Peter Thiel, ein aus Deutschland stammender Investor der Silicon Valley-Elite, mit einem geschätzten Vermögen von ca. 2,7 Milliarden US-Dollar und drei Staatsbürgerschaften, der aus Deutschland, den USA und Neuseeland. Milliardäre zieht es magisch nach Neuseeland. (Dort soll ein Überleben auch nach diversen Umweltkatastrophen möglich bleiben. Seit dieser Erkenntnis lieben plötzlich alle Milliardäre Neuseeland.) Jedenfalls ist in der Preisbegründung der Stiftung an Thiel Folgendes zu lesen: „Ohne Rücksicht auf bestehende Denkverbote setze er seine intellektuellen Impulse und bereichere so die aktuellen gesellschaftspolitischen Diskussionen in den unterschiedlichsten Bereichen.“ Diesen Satz plappern und schreiben nun alle unreflektiert nach, die über jene Preisverleihung eine Notiz veröffentlichen und transportieren dabei die „bestehenden Denkverbote“ en passant mit. Welche bestehenden Denkverbote waren dem Milliardär und Investor in den letzten Jahren auferlegt, die er da offenkundig so mutig und ohne Rücksicht wie ein Held gebrochen? Thiel hat sich schon sehr früh als Anhänger von Donald Trump bekannt. Besonders die Anhängerschaft von Trump zeigt und zeigte nie Hemmungen, alles Mögliche zu denken und dann dieses auch zu sagen, so sie denn dachte. Mit solch Kokolores vom Denkverbot latschen auch Querdenker und Impfgegner demonstrierend durch die Straßen unseres Landes und schreien heraus, was ihnen alles in Sachen Denken verboten wird. Die Schirrmacher-Stiftung sollte vielleicht noch mal nachdenken und die populistische Leier „Denkverbot“ nicht weiter spielen. Frank Schirrmacher wäre es sicher recht.

„Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten? Sie fliehen vorbei wie nächtliche Schatten. Kein Mensch kann sie Wissen, kein Jäger erschießen. Es bleibet dabei: die Gedanken sind frei.“ (Hoffmann von Fallersleben/Konstantin Wecker)

*Beitragsbild: „Der Denker“ von Auguste Rodin | Foto von Johnnie Shannon auf Pixabay

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