Sport

Im Gestrüpp Fußball

Ob Schiedsrichter Felix Zwayer noch Fußballspiele als „Unparteiischer“ pfeifen sollte, darüber kann man sich lesend ein Bild machen. „Die Akte Zwayer“ überschrieb in „Der Zeit“ vom 9. Dezember 2014 deren Redakteur Oliver Fritsch einen Beitrag, der die Frage beantwortet. Sehr zu empfehlen. Wer nicht völlig deppert kommt spätestens nach der Lektüre zu dem Schluss, dieser Mann ist für das Schiedsrichtergewerbe eher ungeeignet, sollte einfach um des Anstandes wegen anderen Hobbys und Berufen nachgehen. Natürlich pfiff der Mann nach 2014 fröhlich weiter. Man kann den DFB, der dafür verantwortlich, nicht wirklich mit dem Wort Anstand in Verbindung bringen. Nun hat jener Schiedsrichter Zwayer in einem Fußballspiel zwischen Borussia Dortmund und Bayern München die Bayern bevorteilt. (Die Dortmunder sind ein bevorzugtes Schiedsrichteropfer, sobald Bayern gegen sie antritt. Mag auch am Maulheldentum Dortmunder Funktionäre liegen, die zwar gerne vollmundig tönen, den Bayern aber nie wirklich auf den Schlips treten. In dieser Erbärmlichkeit sind sie auf Linie mit den anderen 16 Vereinen der Fußballbundesliga, dem DFB und der DFL. Die Courage bei einer Zwayer-Ansetzung nicht anzutreten, also einen Eklat bewusst herbeizuführen, ist der BVB nicht in der Lage. Konsequenzen fürchtet der Feigling und lässt es daher mit sich machen. So einfach ist die Welt.) Wie gesagt, man darf Herrn Zwayer sicher als vieles ansehen, an manchen Tagen aber bitte nicht als „Unparteiischen“, insofern ist die Aufregung künstlich, wenn er dann parteiisch pfeift. Wer es hätte erfahren wollen, hätte es schon viele Jahre wissen können. Aber im Fußball wird wenig gelesen, nur viel gelabert, vielleicht liegt es daran. Der Beitrag aus „Der Zeit“ ist nach wie vor öffentlich zugänglich. Ebenso ein DFB Urteil über Zwayer im Zusammenhang mit der Wettskandal- und Betrugs-Affäre Hoyzer, wo dem Schiedsrichter Zwayer attestiert wird, sich „grob sportwidrig“ verhalten zu haben. Der Sachverhalt, Zwayer hätte vor dem Amateurspiel SV Wuppertal gegen Werder Bremen 2004 die bescheidene Summe von 300 Euro von Hoyzer angenommen, um „als Schiedsrichter-Assistent kritische Situationen für den Wuppertaler SV zu vermeiden“, findet sich dort ebenfalls. Sei’s drum.

Bei Bayernspielen nicht auf Unparteilichkeit hoffen.

Es wäre im Zusammenhang einer neuerlichen Bevorteilung von Bayern München vielleicht an der Zeit, mit zwei Lebenslügen des deutschen Fußballs aufzuräumen. Die eine Lüge, der Erfolg der Bayern hätte nur sportliche Gründe, die andere große Lüge, die Ungerechtigkeiten eines Spiels gleichen sich im Verlauf der Saison aus. Bullshit. Die Bayern empfangen stets Gerechtigkeit im Übermaß, Ungerechtigkeit wird gegen sie nicht gewagt. Auch dadurch häufen sie und ihre Spieler Tor auf Tor und in der Folge dann Titel auf Titel. Die Bayern wären selbstverständlich auch ohne Schiedsrichterhilfe wegen ihres enormen Geldes und der daraus resultierenden finanziellen Überlegenheit plus der Trotteligkeit der restlichen Bundesligisten alles, was sie jetzt sind. Ewiger Rekordmeister, ständiger Seriensieger, der in Deutschland kaum zu schlagen, Lichtjahre von der deutschen Konkurrenz entfernt, die im eigentlichen Sinne keine Konkurrenz, sondern mehr Baumschmuck für den Bayern Fußballmarkt. Doch einige Titel wären es in den Vitrinen der Bayern dann doch weniger, wenn nicht manch glückliche Fügung ihnen so oft zur Hand gegangen. Da ist dann wahrlich nicht nur Herr Zwayer am Werk gewesen. Diverse Elfmetergeschenke sind da nur ein Baustein. Wer an das Glück des Tüchtigen glaubt, darf dies natürlich tun. Sämtliche Lebenslügen des Fußballs werden weiter existent bleiben, weil auch die Sportmedienlandschaft peinliche Bücklinge vor dem Bayern-Imperium macht, um etwas Sonne abzubekommen. Jene Fans, die sich nun über ein Spiel erregen, in dem Unrecht erneut gesiegt, sportliche Fairness außer Kraft gesetzt wurde, werden auch künftig Abos von Streamingdiensten erwerben. Sie werden immer wieder teure Kartenpreise bezahlen, um bei der tollsten Nebensache der Welt dabei zu sein. Fans sind die große Manövriermasse des Fußballs, sie lassen es mit sich geschehen.

Die Partie Dortmund gegen Bayern/Zwayer bietet noch eine Farce als Nachspiel. Ein 18-jähriger BVB-Profi, Jude Bellingham aus England, machte nach dem Spiel aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Man gibt einem Schiedsrichter, der schon mal ein Spiel verschoben hat, das größte Spiel in Deutschland. Was soll man da erwarten?“ Eventuell vom britischen Fair Play verdorben, hat er die Usancen und Machtverhältnisse im deutschen Fußball nicht im Auge haben können. Im Rücken einen kuschenden Verein, vor sich den DFB und die Bayern. So erhebt nun jener DFB, der keinerlei Probleme mit einer die Menschenrechte verachtenden Diktatur als WM-Ausrichter hat und schon gar keine mit einem Nicht-Unparteiischen wie Herrn Zwayer, Anklage gegen den Spieler Bellingham, der naiv wie ein Kind im Gestrüpp von König Fußball ausrief: „Der Kaiser ist nackt“.

*Titelbild: Alexas_Fotos auf Pixabay

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