Sport

Fressen und Moral

Saudi-Arabien kauft sich einen Fußballverein in England, den darbenden Traditionsklub Newcastle United. Proteste kommen aus mehreren Richtungen, vor allem auch von Menschenrechtsorganisationen. Deren Anmerkungen zur Diktatur in Saudi-Arabien sind alle stimmig und absolut berechtigt. Dennoch, die Welt zeigt sich anders und ist bekanntermaßen oftmals kein guter Ort. Beim G20-Gipfel in Rom stand der Vertreter von Saudi-Arabien auf der Bühne der mächtigsten Politiker dieser Welt. Es war Saudi-Arabiens Außenminister Prinz Faisal bin Farhan, erste Reihe neben dem Gastgeber Mario Draghi. (Der Mann auf den Gruppen-Fotos ist nicht, wie manche Medien irrtümlich schreiben, der Herrscher von Saudi-Arabien, Salman ibn Abd al-Aziz.) Salman und übrigens auch sein Sohn, Kronprinz Mohammed bin Salman bin Abdulaziz, saßen im eigenen Palast und nahmen in bestem Einvernehmen virtuell teil. (So wie Russlands Putin und Chinas Xi Jinping auch nur virtuell teilnahmen.) Was wird bei dieser Welt- und Ausgangslage nun also vom sowieso moralfreien Raum Fußball und darin von den Newcastle Fans erwartet? Protest, Widerstand, Auflehnung, Moral, Werte, Verstand? Beim G20-Gipfel sind keine Widersprüche oder Anklagen gegen Saudi-Arabiens Rolle in der Welt oder als Diktatur in Form einer absoluten Familien-Monarchie erhoben worden. Öl ist unser Goldenes Kalb und aller Begehr. Man behandelte die saudische Delegation wie in einer guten Familie im allerbesten Einvernehmen. Die Fans von Newcastle haben die Welt besser begriffen als manch Leitartikler. Sie schwenkten freudig die Fahne Saudi-Arabiens bei einer Jubelparty vor ihrem Stadion und lebten Bertolt Brecht: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“

*Beitragsbild: jorono auf Pixabay 

 

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