Leben

Ich wollte, ich wär kein Huhn

Das ganze Gegenteil („Ich wollt‘, ich wär‘ ein Huhn“.) sangen 1936 im deutschen UFA-Film „Glückskinder“ in guter Laune und dem festen Glauben, wie toll so ein Hühnerleben daherkommt, die Schauspielerin Lilian Harvey mit ihren Filmpartnern Willy Fritsch, Paul Kemp und Oskar Sima. Mit der Hühnerfröhlichkeit ist es längst vorbei und am Hühnerleben ist in den meisten Fällen nichts mehr toll oder gar für gute Laune und Gesang geeignet. Der US-Tierschützer Lewis Bollard brachte das aktuelle Hühnerleben unlängst in einem Tweet auf den Punkt:

Die wirkliche Tragödie ist nicht die Lebensdauer von 35 Tagen. Wenn ich ein Huhn aus Massentierhaltung wäre, hätte ich lieber ein kurzes Leben. Die Tragödie ist, wie elendig diese 35 Tage sind.

Die britische Human League for the Animals fasste das Leid dieser Hühner in einen Satz:

Diese Tiere haben das Leiden in ihrer DNA codiert.

Wider die Natur künstlich gemästete Hühner sind in keiner Variante und Haltung gut dran. Seit nun schon einem halben Jahrhundert treibt man mit dem Huhn züchtenden Unfug, welcher an vielerlei grausige Labor-Experimente erinnert und nichts mit dem Wort Lebensmittel gemein hat. Dazu der Natur- und Tierfreund John Oberg, der bei Twitter der geschundenen Kreatur Tier eine „Stimme“ verleiht:

Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht. In weniger als 50 Jahren wurden Hühner so gezüchtet, dass sie auf das Vierfache ihrer normalen Größe anwachsen. Abgesehen davon, dass es ekelhaft ist, Frankenstein-Fleisch zu essen, ist das Leiden, das sie ertragen müssen, brutal. Ihre Beine brechen oft unter dem Gewicht ihrer Körper. (John Oberg, Tweet/Twitter vom 25.10.2022)

Beim nächsten Huhn oder/und Ei einfach mal an jene Worte denken, welche der Dichter Christian Morgenstern (1871 – 1914) einst zu Papier brachte:

Weh dem Menschen, wenn nur ein einziges Tier im Weltgericht sitzt.

Zum Abschluss müssen wir von den Tieren nochmals zurück zu den weniger sympathischen Lebewesen, den Menschen. Der deutsche Film „Glückskinder“ mit der rührigen Musikeinlage „Ich wollt‘, ich wär‘ ein Huhn“ entstamme im Jahr 1936 natürlich der Propagandamaschinerie des Joseph Goebbels, der die UFA fest im Griff und gute Laune im Mix mit Propaganda gerissen unters Volk brachte. „Glückskinder“ gehörte in die Kategorie der erfolgreichsten Unterhaltungskracher der Nazizeit, ein echter und sehr gut gemachter „Gute-Laune-Streifen“. Als er entstand, wäre es für viele Menschen in der Tat besser gewesen, Huhn zu sein, die Überlebenschancen hätten höher gestanden. Hühner wurden damals – im Unterschied zu Menschen – noch relativ anständig behandelt, bevor man sie verspeiste. In Deutschland waren schon Terror, Folter und Mord an der Tagesordnung, der braune Mob saß brutal und fest im Sattel. Dieses nur zur Erinnerung, damit man, falls es einen befällt, beim fröhlichen Trällern von „Ich wollt‘, ich wär‘ ein Huhn“ nicht völlig die Erinnerung verliert. Sie im Kopf zu behalten, hilft uns, die Gegenwart zu verstehen. Wenn in Betrachtung dieser Gegenwart dann noch die richtigen Schlüsse gezogen werden, könnte es sogar unseren schändlichen Umgang mit Tieren verändern. Was einigermaßen naiv klingt, klar doch.

*Titelbild: 16060841 auf Pixabay

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