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Noch rollen die Räder

Zwei Lawinen bewegen sich in entgegengesetzter Richtung. Die darin befindlichen Erdenmenschen können sich zuwinken. Das voranstehende Titelbild zeigt keinen Ausschnitt aus einem futuristischen Film, es ist Alltagsrealität am Beispiel Los Angeles. Rot = Rücklichter. Hell = Scheinwerfer. In LA hat man das Problem bisher so gelöst, dass man an eine Entspannung glaubte, indem man in den letzten zwei Jahrzehnten mehr Fahrspuren baute und in Betrieb nahm. Der Effekt stets dramatisch gegenteilig. Nur der Stau nahm zu, der Verkehr nicht ab. Irgendwann könnte das Menschheitsvehikel Auto eine Menge Leben aufgefressen, vorher noch viele Städte auf dieser Erde, die sich Metropolen nennen, längst aber einem Moloch gleichen, vernichtet und unbewohnbar gemacht haben. Oligarchen und Eliten fliegen nicht umsonst mit Hubschraubern über solche Ballungsräume oder nutzen für weite Strecken eben ihre Privatjets. Blechlawinen in unendlich scheinenden Staus sind eher dem Plebs vorbehalten. Viele müssen sich da hindurchquälen, weil es mit ihrem Lebensunterhalt zu tun hat, also meistens der Arbeit. Wer sich in diese Lawinen nur wegen des Vergnügens wirft, dem ist wahrscheinlich nicht zu helfen. In den USA, dem Herzland der Autos, bekommen selbst konservative Umweltverächter und Klimaleugner langsam kalte Füße, wenn sie sehen, wohin die Entwicklung geht. Oder besser gesagt, wohin sie fährt.

Die oberen Zehntausend sind natürlich nicht plötzlich um das Klima, die Umwelt oder die Natur besorgt. Das Leben der Armen eigentlich aller Menschen sowie des Planeten interessiert sie nicht die Bohne. Doch die Katastrophen kommen immer näher und rücken ihnen und ihren Wohlstandsoasen störend auf den Pelz. In Kalifornien brennen schon lange auch Luxusreservoirs von Multimillionären und Milliardären runter. Man will sich nicht die letzten und abnehmenden Enklaven von angenehmer Lebensführung einfach so vom Klima kaputtmachen lassen. Den Pöbel kann man sich mit Gesetzen, der Hilfe von Politik, Staat und Zäunen wunderbar fernhalten. Doch Feuer, Wasser, Hitze und Beben lassen sich nicht von Geldsäcken oder Überwachungsanlagen ab- und aufhalten. Und noch scheint den Eliten die Ausweichmöglichkeit nicht attraktiv genug. Denn für deren Lebenselixier Völlerei und Prasserei ist der geplante Aufstieg nach ganz oben (noch) eine eher trübe Aussicht. Aus purer Langweile könnten sie im Weltraum nämlich anfangen, ihr Geld zu fressen und würden daran irgendwann ersticken. Wozu dann aber der ganze Aufwand? Bevor es so weit ist, werden wir uns von ihnen noch ein Stück weit intensiver ausbeuten lassen und zusehen, wie sie den Planeten final ruinieren, weil kein Baum oder Fluss so wundersam schön wie Profit. Nebenher blicken wir auf die bunten Lichter von Autolawinen. Von oben oder, was wesentlich wahrscheinlicher, eher ohnmächtig von mittendrin auf helle oder rote Lichter.

Freie Fahrt für freie Bürger und Herdentiere. (Screenshot: LA Verkehrsnews von ABC)
Ob jemand bei nachfolgendem Zitat von Günter Grass eher an Autos, Privatjets oder gleich an Milliardäre denkt, es ist jedem selbst überlassen:
Ich glaube, dass die Zukunft nur dann möglich sein wird, wenn wir lernen, auf Dinge, die machbar wären, zu verzichten, weil wir sie nicht brauchen.

*Titelbild: Screenshot ABC News

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