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Das Internet, mit dem ich aufgewachsen war, das mich großgezogen hatte, war im Verschwinden begriffen. Und mit ihm ging auch meine Jugend zu Ende. Online zu gehen war mir einst als wunderbares Abenteuer erschienen, jetzt empfand ich es als quälende Belastung. Online zu gehen erforderte nun so massive Vorsichtsmaßnahmen, dass jegliche Freiheit verlorenging und es mir nicht mehr die geringste Freude bereitete. Im Mittelpunkt jeder Kommunikation stand nicht mehr Kreativität, sondern Sicherheit. Jede Transaktion barg Gefahren. In der Zwischenzeit nutzte die Privatwirtschaft unsere Abhängigkeit von der Technik geschickt zur Konsolidierung. Das digitale Leben der meisten amerikanischen Internetnutzer spielte sich ausschließlich auf E-Mail-, Social Media und E-Commerce-Plattformen ab, die sich in den Händen eines hochherrschaftlichen Firmentriumvirats (Google, Facebook und Amazon) befanden. Die amerikanische Intelligence Community versuchte, sich diese Tatsache zunutze zu machen, indem sie sich Zugang zu deren Netzen verschaffte, sowohl über direkte Anweisungen, die der Öffentlichkeit verborgen blieben, als auch auf geheimen subversiven Wegen, von denen selbst die Unternehmen nichts wussten. Unsere Nutzerdaten bescherten den Unternehmen riesige Gewinne, und die Regierung  bediente sich, ohne dafür zu bezahlen. Ich hatte mich noch nie so machtlos gefühlt.

Edward Snowden, „Permanent Record“, Kapitel „In der Cloud“ (Auszug), S. Fischer Verlag, 2019

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