Leben

Opportunismus

Manche Dinge lernt man am besten am konkreten Beispiel. Es muss nicht immer die heiße Herdplatte sein. Frankreichs Kommunistenchef mit Namen Fabien Roussel, offizieller Titel „Nationalsekretär der Kommunistischen Partei Frankreichs“, fiel die letzten Monate durch einiges auf. Erfolg und politischer Durchblick gehörten nicht dazu. Bei der Präsidentschaftswahl hielt er an seiner desaströsen und erfolglosen Kandidatur fest, die am Ende nur dazu beitrug, Marine Le Pen das Finale gegen Emmanuel Macron zu ermöglichen und den linken Kandidaten Mélenchon zu verhindern. Macron hatte die Gegnerin, die er wollte. Wir wollen Herrn Roussel nichts unterstellen, aber große Sauereien kündigen sich oft über den Umweg kleiner Schweinereien an. Nach der Präsidentschaftswahl konnte Roussel sein Ansehen bei den eigenen Parteimitgliedern nur dadurch wieder herstellen, indem er mit der KP in das linke Wahlbündnis Nupes eintrat. Von Beginn an nörgelte er dieses Bündnis runter, war im Wahlkampf eher Klotz als Hilfe, weil er es nicht anführen durfte. Es soll noch erwähnt werden, dass Roussel sehr von sich überzeugt ist. Womit er lebenslanger Teil einer Minderheit. Im Endergebnis hatte die KP von allen im linken Wahlbündnis vertretenen Gruppen das schwächste Ergebnis. Infolgedessen erreichten die Kommunisten 12 Sitze.

Nun zurück zu den großen Sauereien. Fabien Roussel verwarf mit den Kommunisten zuerst die Fraktionsgemeinschaft aller linken Parteien in der Nationalversammlung und nahm dann in Interviews sein eigentliches Ziel ins Visier. Er verkündete, sich eine Beteiligung der KP an der Regierung von Élisabeth Borne vorstellen zu können. Darin natürlich auch eine eigene Rolle für sich selbst. Borne ist die von Emmanuel Macron eingesetzte Ministerpräsidentin, die Macrons neoliberalen Gesellschaftsumbau in Gesetze gießen und dann umsetzen soll. Da Frau Borne und das Macron-Bündnis seit der Parlamentswahl keine Mehrheit mehr in der Nationalversammlung haben, benötigen Macron und Borne Helfer und Mehrheiten für ihr neoliberales Projekt. Da witterte Fabien Roussel Chance und Stunde. Ein erschrockener Wähler der Kommunisten zog auf Twitter ob solcher Avancen ein trauriges Fazit: „Der Kommunismus ist ganz offensichtlich eine zu ernste Angelegenheit, um ihn dieser Kommunistischen Partei anzuvertrauen.“ Aber wir wollten doch hier nicht zitieren, sondern etwas erklären. Was war es bloß noch mal? Nützliche Idioten des Neoliberalismus? Nein. Oder doch? Jetzt haben wir es wieder. Opportunismus. Es ging um Opportunismus. Diesen allerdings noch breit zu erklären, ist dem Schreiber der hier über den Leser gekommenen Zeilen mittlerweile vergangen. Warum auch immer. Manchmal dürfen Texte auch im Nichts und im Schweigen enden. Was bitte niemand mit Sprachlosigkeit verwechseln sollte. Durchatmen wäre ein passender Begriff. 

*Beitragsbild: Fabien Roussel (Twitter FR)

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