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Pack schlägt sich – Pack verträgt sich

Rechtes Pack zumal. Wenn es darum geht, der politischen, ideologischen und vor allem neoliberalen Agenda inhaltlich und über Gesetzgebung die fatale Bahn zu bomben, sind sich jene flott einig, die vorher Wählern und Dummköpfen ihre Unterschiede medial vorgaukeln. Die sogenannte Mitte, die sogenannten Liberalen, die sogenannten Bürgerlichen. Wenn es dem Machterhalt gilt und ihrer Aufgabe, den Kapitalismus zu erhalten, liegt man schneller im nationalen und rechten Bett als Bordellbesucher aus Rock und Hose springen. Am Beginn der neuen Legislaturperiode der französischen Nationalversammlung bekannte und alte Rituale. Der älteste Abgeordnete wird auch Alterspräsident. Dieser nun ein Deputierter des Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen. Der alte Herr fackelte nicht lange und schwelgte sofort in Nostalgie für Frankreichs überwundenen Kolonialismus. „Wir werden viele Algerier finden, die dir sagen werden: Wann kommt ihr Franzosen zurück?“ Dann nahm sich dieser unehrenwerte Alterspräsident José Gonzales noch eine Freiheit: „Ich bin nicht da, um zu urteilen, ob die OAS Verbrechen begangen hat oder nicht“. Für geschichtlich jünger aufgestellte Zeitgenossen. Die OAS war eine paramilitärische Terrororganisation, die über einen starken politischen Arm in Frankreich verfügte und in Algerien und Frankreich putschen wollte. Ihr Ziel, die Unabhängigkeit französischer Kolonien zu verhindern. Natürlich vor allem die Loslösung Algeriens. Dazu jagten sie einen Mann intensiv und persönlich, verübten viele Attentate auf ihn. Charles de Gaulle, der Präsident von Frankreich, der gegen den Sturm der Ewiggestrigen den Kolonialismus in Algerien beendete.

Die Entrüstung bei der Eröffnungssitzung des gerade neu gewählten Parlamentes war in dem geschilderten Moment nur auf Seiten der Linken zu vernehmen, die Mitte, die Bürgerlichen, die Liberalen, die Republikaner, allesamt schwiegen sie. Böse Vorzeichen, die sich bald bewahrheiteten. Zur Präsidentin der Nationalversammlung wurde die Marcronistin Yael Braun-Pivet mit den Stimmen der Le Pen Abgeordneten gewählt. Zwei stellvertretende Präsidenten folgten darauf, aus den Reihen von Marine Le Pens Fraktion. Mit gewählt von den Abgeordneten der Macron-Parteien. Das Bündnis Macron-Le Pen steht und beginnt zu den Bedingungen von Marine Le Pen seinen Lauf. Le Pen wie Macron gelten als Garanten für den neoliberalen Umbau der französischen Gesellschaft. Der Soziologe, Autor und Journalist Didier Eribon hat am Abend nach der Konstituierung der Nationalversammlung die Ereignisse zusammengefasst:

Gestern haben uns die Macronisten aufgefordert, „die extreme Rechte zu blockieren“. Heute wählen sie die extreme Rechte zum Vizepräsidenten der Nationalversammlung gegen zwei Kandidaten der Grünen. Erinnern Sie sich, als ich sagte, „Macron wählen, hieße Le Pen wählen“. Jetzt sind wir dort angelangt.

Vor Monaten wären deutsche Grüne noch aus den Protestbetten gesprungen und hätten lauthals die Fahne der Solidarität mit den französischen Grünen geschwungen. Ihrer Empörung über Macrons Parteien, die statt der Grünen nun Le Pen Leute unterstützen, wäre durch unser Land gehallt. Medien wie Grüne hierzulande habe allerdings mit diesem Ereignis nichts am Hut. Partei, Fraktion und Regierungsmitglieder der Grünen schweigen. Was in gewisser Weise verständlich. In wessen Kopf Panzerketten rollen und schwere Waffen geistern, der kann die Zeichen der Zeit nicht mehr hören, selbst wenn sie historisch donnern. Und deutsche Medien berichten dann doch lieber über den Look von Brigitte Macron, als über einen politischen Tabubruch ihres Lieblings mitten in Paris.

*Beitragsbild: Plenarsaal der Französischen Nationalversammlung im Palais Bourbon (Foto: Twitter von Julien Bayou)

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