Kultur

Politischer Mord

Die vierteilige Netflix Serie „Bobby Kennedy for President“ blickt auf die von Robert Kennedy erfolgreich organisierte und geleitete Präsidentschaftskampagne seines Bruders John F. Kennedy im Jahr 1960 und geht dann über in sein eigenes politisches Wirken nach der Ermordung des Präsidenten Kennedy. Des Weiteren wird sein Weg als US-Senator (ab 1964 für New York) gezeigt und der Versuch, die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten 1968 zu gewinnen. Herausgestellt wird Robert Kennedys öffentliches Eintreten gegen den Vietnamkrieg, gegen Armut und Bildungsrückstände, vor allem für Bürgerrechte. Die Dokumentation endet mit den Reaktionen der Menschen auf seine Ermordung und Rückblicken von Zeitzeugen nach vielen Jahren. Diese Zeitzeugen sind oft sehr eindringlich in aktuellen Äußerungen wie in dem, was das Archivmaterial hergibt. Hier soll nicht der vorlaute Versuch unternommen werden, eine Doku nachzuerzählen. Eher eine Empfehlung abgegeben werden, diese persönlich in Augenschein zu nehmen, um sich eine eigene Meinung zu bilden.

Alle Hoffnungen, die Robert Kennedy erzeugte, waren jedenfalls verflogen und für immer zerstört, als er am 5. Juni 1968 im Ambassador Hotel in Los Angeles ermordet wurde. Der Freund von Robert Kennedy, Bürgerrechtler John Lewis, von 1987 bis in sein Todesjahr 2020 im US-Repräsentantenhaus, sagt Jahrzehnte später unter Tränen in dieser Dokumentation:

Ich fragte mich immer wieder, was geschieht in Amerika? Wir haben Martin Luther King Jr. verloren und dann zwei Monate später Bobby.

Beim Trauergottesdienst für seinen Bruder ergriff Senator Edward Kennedy das Wort:

Mein Bruder muss nicht idealisiert werden. Wir erinnern uns an ihn als an einen guten Mann, der gegen Ungerechtigkeit kämpfte. Der Not und Elend heilen wollte. Der Krieg sah und ihn beenden wollte.

Am eindringlichsten ein Passant, der, wie viele andere, unmittelbar nach der Bekanntgabe der Ermordung von Robert Kennedy über seine Befindlichkeit befragt wurde. Was er sagte, erklärt die USA und macht sie begreifbar. Aber es wird von vielen bis heute nicht gesehen, weil gut unter der Tünche angeblicher Demokratie und vorgeblicher Freiheit verborgen:

Es ist wie ein Muster. Sobald man sich für arme Menschen einsetzt, wird man erschossen.

Die nüchterne wie trostlose Wahrheit aus dem spontanen Munde eines einfachen US-Bürgers. Verweilen wir noch einen Moment bei dessen Wort Muster. John F. Kennedy, Martin Luther King und Robert Kennedy. Man kann hier noch den Bürgerrechtler Malcolm X (ermordet im Februar 1965) anführen. Immer waren es verwirrte und dubiose Einzeltäter, die einen fadenscheinigen Hintergrund hatten. Stets Ermittlungen und Berichte, die extrem von den Beobachtungen und Übermittlungen von Zeugen abweichen und Spuren wie Aussagen, die nicht weiter verfolgt wurden. Das System blieb unbefleckt, von politischem Mord wurde in keinem der Fälle je gesprochen, wer es tat, hatte schnell den Finger „Verschwörungstheoretiker“ auf sich gezogen. Selbst die naheliegenden Fragen (Wem nützt es? Wer profitiert davon? Wer hat die Macht dazu?) wurden nie ernsthaft gestellt oder gar beantwortet. Dabei waren und sind die Antworten im Zeitgeschehen auf offener Bühne bis heute erkennbar und greifbar. Auch diese dennoch empfohlene Dokumentation scheut die kritische Herangehensweise, findet sich lieber mit der offiziellen Lesart ab, hinterfragt kaum etwas. Sich gegen den Krieg stellen, den Armen und Entrechteten an die Seite treten, damit öffentlich gegen die Interessen des militärisch-industriellen Komplexes zu agieren, ist für jedermann gefährlich, für Politiker allemal. Prominenz und Beliebtheit schützen niemanden. Die Kugel mag inzwischen dem viel wirksameren Rufmord gewichen sein, die Methode dahinter ist die altbewährte.

Das letzte Wort soll hier ein offensichtlich aus politischen Gründen (Was bitte sonst?) Ermordeter erhalten, nämlich Robert Kennedy:

Nur wenige Menschen sind bereit, der Missbilligung ihrer Mitmenschen, dem Tadel ihrer Kollegen und dem Zorn der Gesellschaft zu trotzen. Zivilcourage ist ein selteneres Gut als Tapferkeit im Kampf oder große Intelligenz. Und doch ist sie eine wesentliche, lebenswichtige Eigenschaft für diejenigen, die die Welt verändern wollen.

 

*Titelbild: Screenshot aus „Bobby Kennedy for President“ (Netflix)

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