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Sanktionen hier – Interessen dort

Wer ernsthaft glaubt, das politische Programm America First sei eine Erfindung von Donald Trump, mit diesem in die Welt gekommen und mit ihm verschwunden, was besonders deutsche Medien gerne als Gewissheit verkaufen, der irrt gewaltig. Erst wir und dann alle anderen war immer Teil der US-Politik, ist DNA des ganzen Landes. Der Gerechtigkeit halber muss darauf hingewiesen werden, in Großbritannien, Frankreich, Indien, Japan, Südkorea, China usw. ist diese Haltung in wichtigen Politik- und Wirtschaftsfeldern ebenfalls gang und gäbe. Nur in Deutschland lässt man sich von außerhalb gerne einflüstern, was gut oder schlecht. Könnte natürlich mit zwei von uns angezettelten Weltkriegen inklusive der dabei verübten Menschheitsverbrechen in Zusammenhang stehen. Man möchte halt beliebt sein oder für den anderen wenigstens die Zeche bezahlen. Erkaufte Freundschaften, die gibt es auch im privaten Leben. Aber verweilen wir nicht in hiesigen Landen, sondern blicken auf die Flexibilität der USA bei Sanktionen.

Die ET ist eine englischsprachige indische Wirtschaftstageszeitung mit hohem Informationsgehalt und journalistischer Qualität. Was sie ihrer aufmerksamen Leserschaft berichtete, war kein billiger Aprilscherz, sondern die Realität der üblichen Doppelmoral derer, die sich als einzigartig sehen, weil nach ihrer Vorstellung Jesus mit ihnen im Boot und Gott an ihrer Seite. Wir sind also in den USA. Zuerst erging von dort eine martialische Warnung der US-Regierung an Indien, die Sanktionen gegen Russland nicht zu unterlaufen. Die Tonart, als wäre Indien mit seinen fast 1,4 Milliarden Einwohnern ein Mittelding zwischen Hinterhof der USA und weiterhin Kolonie im britischen Empire. Da benahm sich Washington, ähnlich dem Kreml. Typische Arroganz einer Supermacht. Diese Arroganz hatte natürlich Methode und galt dem aktuellen Objekt der Begierde, einem wichtigen Düngemittel, welches Indien zu großen Teilen in Russland ordert. Zeitgleich mit ihrer martialischen Warnung an Indien strich die US-Regierung auf Lobbydruck der US-Bauern, dort liebevoll Farmer genannt, genau jenes besagte Düngemittel flugs von der eigenen Sanktionsliste. Man ist sich in seiner Hose immer näher als im fremden Hemd. Eine US-Regierung steht an der Seite der einheimischen Landwirte, was man ihr schwerlich vorwerfen darf. Die Doppelmoral in Form einer kolonialen Attitüde nebst öffentlicher Drohung gegen ein anderes Land darf man allerdings befremdlich finden. Berichten sollten darüber auch deutsche Journalisten. Fehlanzeige. Diese stellen lieber Sanktionsforderungen auf, die von der Bundesregierung gefälligst zu befolgen sind. Jene gegenüber der Bundesregierung geltend gemachte Sanktionswunschliste wird mittlerweile vor allem in Warschau und Kiew öffentlich formuliert und dann von unserer Medienblase heißblütig propagiert. Wo allerdings Propagandisten die Nachrichten machen und Meldungen schustern, empfiehlt sich der Blick in die Ferne. Die ganze Düngemittel-Story ließ sich gut in der englischsprachigen Ausgabe der indischen Wirtschaftszeitung „The Economic Times“ vom 1. April 2022 barrierefrei nachlesen.

Veröffentlichte Tabelle der US-Energiebehörde.

In den USA werden sich viele ins Fäustchen lachen, was sich die Deutschen noch aufladen lassen, während man selber stets nutzenorientiert an die Sanktionsthematik herangeht. In der Freude darüber begingen die USA den üblichen Fehler im Universum ihrer Weltpolitik. Sie verwechselten Indien mit Europa und glaubten daher, diese Inder ebenfalls als ihre Manövriermasse behandeln zu können. Die Rechnung wird nicht aufgehen. Jeder politische Triumph birgt immer auch einen gefährlichen Trugschluss in sich. So etwas hätte man von Bismarck lernen können. Doch mit politischen Lehren, da wieder den Russen fast zwillingshaft ähnlich, haben es die USA nie gehabt, zu prall das überbordende Selbstverständnis. Deshalb war die Düngemittelgeschichte natürlich nicht der Eisberg, sondern nur dessen Spitze. America First läuft auf allen Politik- und Wirtschaftsfeldern geschmiert und hochtourig. Es gibt Staaten, die daraus ihre Lehren und Vorteile ziehen. Hier ein Blick auf das aktuelle Sanktionstreiben. Während Ungarn, Erdogans Türkei und Serbien gerade die Ausweitung ihrer Energieimporte aus Russland planen, wollen die Slowakei, Moldau und Bulgarien ihre Rohstofflieferungen künftig in Rubel bezahlen. Derweil wird bei uns ernsthaft ein Energieembargo mit unkalkulierbaren sozioökonomischen Risiken und Folgen für das Land diskutiert. Anders in den USA. Dort sieht es nach dem Bericht der US-Energiebehörde so aus, als hätten die USA ihre Rohöl-Importe aus Russland in der letzten Woche sogar auf 100.000 Barrel am Tag gesteigert. (Siehe die oben beigefügte Veröffentlichung der US-Energiebehörde.) Eine weitere Information der US-Energiebehörde lautet, die US-Fracking-Gas-Exporte nach Europa waren nie höher als im Februar 2022. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. American First.

*Titelbild: kalhh auf Pixabay

 

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