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Schachweltmeister Magnus Carlsen

Nach 11 von 14 Runden war der Wettkampf um den Weltmeistertitel im Schach zwischen dem Titelverteidiger Magnus Carlsen und dem Herausforderer Jan Nepomnjaschtschi mit 7,5 zu 3,5 schon entschieden. Bei sieben Remis erreichte Carlsen vier Gewinnpartien. Magnus Carlsen zeigte eindrucksvoll, warum er nun schon seit über einem Jahrzehnt der herausragende Schachspieler auf diesem Planeten ist, der er schon vor dem Weltmeistertitel war, den er 2013 errang, und warum niemand aus seiner Generation ihm das Wasser reichen kann. In dieser saloppen Sprache bleibend, muss man attestieren, den Herausforderer Jan Nepomnjaschtschi (Ian Nepomniachtchi) wrang er aus wie ein nasses Handtuch. Als würde ein Schwergewichtsboxer ein Leichtgewicht verprügeln. Hatte man nach den fünf ersten Runden noch das Gefühl, der Zwischenstand 2,5 zu 2,5 auf Basis von fünf Remis, spiegelte zwei Gegner auf Augenhöhe, verpuffte der Eindruck zwischen den Runden 6 bis 11 mehr und mehr. Der Norweger Carlsen legte sich den Russen Nepomnjaschtschi zurecht und führte ihn dann nach allen Regeln seiner Schachkunst vor. Dieser Gegner war ihm im Verlauf des Wettkampfes dann mehr und mehr nicht mehr gewachsen. Nepomnjaschtschi zeigte sich untauglich für den Titel eines Weltmeisters, sein Härtegrad versagte völlig. Nach der ersten Niederlage in der 6. Runde erwarteten viele Schachliebhaber hoffnungsfroh ein bedingungsloses Aufbäumen des Russen und umkämpfte Partien. Nepomnjaschtschi trottete allerdings eher wie ein Lamm zur Schlachtbank des Magnus Carlsen und ließ nie die Kämpfernatur erahnen, die er angeblich manchmal sein soll.

Pressekonferenz nach Wettkampfende. (Screenshot vom Livestream Chess24)

Schachfans und darunter auch die Nepomnjaschtschi Anhänger meinten nach dem ersten Drittel, Nepomnjaschtschi sei der stärkste Gegner, den Carlsen bisher in einem WM-Match hatte. Nun sind sich wiederum alle schnell einig, Nepomnjaschtschi war der mit Abstand schwächste Carlsen Gegner. So wetterwendisch sind eben auch Schachfans. Vielleicht tut man Nepomnjaschtschi mit harter Kritik unrecht. Großmeister und neutrale Beobachter nehmen ihn nämlich in Schutz und sagen, Carlsen spielte auf einem Niveau, da ist es dann egal, wer ihm gegenüber sitzt, er ist in dieser Form nicht zu schlagen. Wie er immer wieder in die Tiefe komplizierter Endspielstrukturen taucht und schon im Mittelspiel Wege findet, die sich außer ihm keinem öffnen, sucht seinesgleichen in unserer Zeit, vielleicht sogar in der Geschichte des Schachs. Außerdem verfügt der Ski fahrende Norweger Carlsen, nebenher Hobbybasketballer und Hobbyfußballer, über eine enorme Kondition, physische Kraft und psychische Stabilität, die ihn noch zusätzlich über die meisten seiner Konkurrenten hebt. Der alte und neue Weltmeister ist schon sehr lange auf einer ganz anderen Vergleichsebene im Schacholymp unterwegs als seine aktuellen Gegner. Er wird dort nicht nur mit Bobby Fischer und Garri Kasparow verglichen, sondern ist diesen nach Ansicht von Schachenthusiasten und Schachexperten längst enteilt, hat sie überflügelt. In vielen Sportarten hinken Quervergleiche über Jahrzehnte, passen nicht zu der Entwicklung im Fußball oder der Leichtathletik, um nur zwei Sportarten zu nennen. Im Schach hat der Computer natürlich vieles total verändert. Dennoch kann man an Hand von Partien Vergleiche ziehen und Spielstärken und Schwächen gut definieren. Dabei ist man dann nicht weit von der Einsicht entfernt, unter den Giganten der gesamten Schachgeschichte scheint dieser Norweger Magnus Carlsen tatsächlich die absolute Nr. 1 zu sein. Eine Art „Meister aller Klassen“. Im Schach so fundamental wie Pelé für den Fußball, Muhammad Ali für das Boxen, Michael Jordan im Basketball oder Usain Bolt für die Leichtathletik.

Zum 31. Geburtstag eine Torte für den Weltmeister. (Foto: Twitter Magnus Carlsen)

Der Norweger ist wohl der stärkste Schachspieler, Großmeister und Weltmeister der bisherigen Schachgeschichte. Seinen 31. Geburtstag feierte Magnus Carlsen am 30.11.2021 gut gelaunt mit einer leckeren Torte während des Wettkampfes. Bei der nächsten Titelverteidigung zählt er dann 33 Lebensjahre und wird sich nach Ansicht vieler Schachauguren dabei eventuell schon mit einem Gegner aus der neuen Generation auseinandersetzen müssen. Hoch im Kurs stehen der Franzose Firouzja Alireza und der Pole Jan-Krzysztof Duda, auch erfahrenere Spieler wie Liren Ding aus China, Fabiano Caruana und Wesley So aus den USA stehen auf dem Zettel der Spekulationen. Darunter auch der Russe Daniil Dubow, der aktuell einer der Sekundanten des Weltmeisters war. Carlsen-Sekundant bei einem WM-Kampf war einst auch Nepomnjaschtschi. Der muss sich jetzt sicher erst einmal erholen, viele werden ihn nerven, die es natürlich, so sind Experten, alle besser gewusst und gemacht hätten. Damit muss er leben. Der Weltmeister machte keinen erholungsbedürftigen Eindruck und verkündete lächelnd: „Meine Karriere ist noch nicht vorbei.“ Wer auch immer das nächste Kandidatenturnier erreicht und gewinnt, damit neuer Herausforderer wird, er muss Magnus Carlsen besiegen. In einer Partie ist auch ein Magnus Carlsen besiegbar. Klar doch. Aber einen Wettkampf um den Titel gegen Carlsen gewinnen? Dafür fehlt einem augenblicklich etwas die Fantasie. Der Glückwunsch zur Titelverteidigung geht nach Norwegen an einen Ausnahmesportler, den verdienten wie souveränen Sieger und Weltmeister Magnus Carlsen.

*Titelbild: Magnus Carlsen beim Siegerinterview unmittelbar nach der 11. Partie. (Screenshot Livestream Chess24)

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