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Suff, Japan und dergleichen

Die Simpsons wussten es immer und meistens sogar besser und vor allem früher. Ob die Herrschaft dunkler Hintermänner, die Präsidentschaft Trumps oder der Untergang der Welt, die Simpsons waren ihrer Zeit stets voraus. Hoch sollen sie leben und vor allem ewig. Die Chancen stehen gut, da sie ja allesamt gezeichnete und animierte Wesen, also unsterblich und nicht nur deswegen sympathischer als die meisten Menschen. Die Drehbuchschreiber, die ihnen Texte und Worte in den Mund legen, fördern hoffentlich den Nachwuchs im Autorenteam, damit der kreative Brunnen niemals versiegt. Seit 1989 bereichern die Simpsons den Horizont der Menschen rund um den Globus. Nebenbei stellen sie dabei die meisten derer, die sich gerne von Berufswegen für schlau halten oder in Stellungen sind, wo sie so tun müssen, in den peinlichen Schatten von Beliebigkeit und Plattheit. Homer, nicht jener Autor der Antike, sondern Homer Simpson, der mit Gattin und drei Kindern, Kernkraftwerkmitarbeiter für Sicherheitsfragen, ohne jedwedes Wissen von irgendwas nur an Bier und Donuts interessiert, brachte es schon vor Jahren mit einem öffentlichen Gruß an seine Mitbürger auf den Punkt:

Auf den Alkohol, den Ursprung und die Lösung sämtlicher Lebensprobleme.

In Japan kommt man auf den Trichter, dass Homer Simpson recht hat und will den Alkohol jetzt endlich zur Lösung sämtlicher Probleme heranziehen. Akuter Steuerprobleme trifft es vielleicht besser. Deshalb rief die japanische Regierung einen landesweiten Wettbewerb ins Leben, um nach kreativen Ideen zu suchen, in deren Ergebnis die Menschen ermutigt werden, mehr Alkohol zu konsumieren. Die Betonung liegt in der Tat auf mehr, nicht auf weniger trinken. Der Grund für die Kampagne mit Namen „Sake Viva!“ profan wie einleuchtend. Statistische Erhebungen haben nachgewiesen, dass die veränderte Einstellung von Jugendlichen zum Alkohol zu einem Rückgang der Steuereinnahmen geführt hat. Immer mehr Jugendliche lehnen den Fusel als Spaßdroge inzwischen ab und dröhnen sich anders zu oder voll. So bittet also Japans Steuerbehörde (NTA) in der „Sake-Viva!“ Kampagne, die sich vor allem an Menschen zwischen 20 bis 39 Jahren wendet, um Vorschläge, wie die Popularität von alkoholischen Getränken wiederbelebt werden kann. Ein in der Coronazeit veränderter Lebensstil hat ausgerechnet unter einst trinkfreudigen Jugendlichen den früher begehrten Alkohol ziemlich in Ungnade fallen lassen. Aber die ältere und arbeitende Generation ist nicht wesentlich besser, daher kein saufendes Vorbild. „Da sich bedingt durch Covid-19 Beschränkungen Homeoffice etabliert hat, sehen viele Japaner keinen Grund mehr, die Gewohnheit fortzusetzen, mit Kollegen zu trinken, um die Kommunikation am Leben zu halten.“ So drückte es jedenfalls ein Sprecher der Steuerbehörde aus und fügte noch an: „Wenn diese ‚neue Normalität‘ die Regel wird, könnten daraus weitere Probleme für die Steuereinnahmen erwachsen.“

Sake bis zum abwinken.

Der Wettbewerb, der noch bis zum 9. September 2022 läuft, fragt nach „neuen Produkten, Designs und Anregungen“, wie das Trinken zu Hause gefördert werden kann. Die Steuereinnehmer haben ermittelt, der Alkoholkonsum in Japan sei von durchschnittlich 100 Litern pro Person und Jahr im Jahr 1995 auf nur noch 75 Liter im Jahr 2020 gesunken. Der Rückgang der Alkoholverkäufe hat Japans Steuereinnahmen also hart getroffen, weil weniger gesoffen wird. Die Gesamteinnahmen aus der Alkoholsteuer gingen im Geschäftsjahr 2020 um mehr als 110 Mrd. Yen zurück, verglichen mit dem Vorjahr. Dies war nach Angaben der NTA der größte Rückgang der Alkoholsteuereinnahmen seit 31 Jahren. Deswegen schrillten die Alarmglocken und „Sake-Viva!“ ward geboren. Die Finalisten des Wettbewerbs werden zu einer feierlichen Preisverleihung nach Tokio eingeladen. Wie das Preisgeld der Sieger steuerlich veranlagt wird, hat die Finanzbehörde den Ausschreibungsunterlagen nicht beigefügt. Es können sich bis zum Einsendeschluss auch Ausländer an dem Wettbewerb beteiligen. Das japanische Gesundheitsministerium verlautbarte, man unterstütze die Kampagne, erinnerte die Menschen aber in einer Erklärung, doch bitte stets nur die „angemessene Menge Alkohol“ zu trinken. Na dann hoch die Tassen. Oder in Sachen Sake wohl eher hoch die Becher.

Ähnlich Homer Simpson sind Japaner einem Bier nicht abgeneigt.

Zum Abschluss, damit der Kreis sich schließt, nochmals der lebenskluge Homer Simpson. Dem war sein eigener Alkoholkonsum eines Tages nicht so ganz geheuer und er schaute sich bei einem AA-Treffen (Anonyme Alkoholiker) um, denen er, als er dran war, freimütig gestand: „Neulich war ich so scharf auf ein Bier, dass ich ins Footballstadion geschlichen bin und den Dreck unter den Tribünen ausgesaugt habe.“ So etwas war dann sogar dieser Runde zu viel. Der örtliche Pfarrer verstieß Homer daraufhin, welcher flott wieder zu seinem hohen Alkoholkonsum in Form des geliebten Duff Beer zurückkehrte und nebenher die Sicherheit im örtlichen Atomkraftwerk überwachte. Ende gut, alles gut. Prost. Oder wie der Japaner sagt: „Sake-Viva!“

Sake Bar im Restaurant Shabu (Foto: DUKE NG auf Pixabay)

Anmerkung: Sake kommt aus Japan und ist das Ergebnis einer 2000 Jahre alten Braukunst, die noch heute einzigartig in ihrem Herstellungsverfahren ist (Stichwort: parallele Fermentation). Sake ist ein alkoholisches Getränk aus Reis und Wasser. Es werden spezielle Reissorten verwendet, die auf einen bestimmten Prozentsatz poliert werden. Sake wird oft als „Reiswein“ bezeichnet, dabei wird er eigentlich gebraut ähnlich wie ein Bier und ist überwiegend in Japan zu Hause. Während sich in dem Rest der Welt die Bezeichnung Sake für das aus Reis gebraute japanische Getränk eingebürgert hat, wird es in Japan oft als „Nihonshu“ bezeichnet. Dabei handelt es sich aber nicht einfach um Reiswein beliebiger Herkunft, wie viele Europäer glauben. Auch ist Sake kein Branntwein, obwohl er manchmal fälschlich als Reisschnaps bezeichnet wird – eine japanische Version von europäischem Schnaps wäre noch eher das Destillat Shōchū. Sake wird aber nicht gebrannt, sondern aus Reis gebraut – ein Bier ist Sake trotzdem nicht. Und obgleich der Alkoholgehalt und die Aromatik ansatzweise mit Wein aus Trauben vergleichbar sind, ist Sake auch eigentlich kein Wein. Sehr vereinfacht gesagt, werden als Zutaten für die Sake-Herstellung nur polierter Reis, Hefe und Wasser benötigt. Das macht echten japanischen Sake zu einem der reinsten und natürlichsten Getränke auf der Welt. Wie viel Prozent Alkoholgehalt im Sake steckt, ist nach seinem Typ zu bestimmen. Im Durchschnitt weist Sake 15–20 % Alkohol auf, also vergleichbar mit gehaltvollem Wein und nicht mit Schnaps. (Text der Anmerkung: Japanische Restaurantkette Sushiya GmbH)

*Titelbild: Homer Simpson (Screenshot, The Simpsons, © Matt Groening)

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