Leben

Türkischer Völkermord an den Armeniern

Heute ist ein Tag, an dem die zivilisierte Welt unbedingt dem Völkermord der Türken, damals noch unter dem Dach Osmanisches Reich vereint, gegen die Armenier gedenken sollte. Wir tun es. Der erste Glockenschlag dieser Vernichtung eines Volkes war am 24. April 1915 zu vernehmen. Mit brutalen Razzien gegen armenische Intellektuelle und deren Familien in Konstantinopel, die umgehend in Lager deportiert wurden. Der Völkermord nahm seinen Beginn und Lauf. Über eine Million Armenier fielen ihm zum Opfer. Es wurden vor allem in den Jahren 1914/15 sämtliche Armenier, wo immer das Osmanische Reich Zugriff auf sie hatte, Frauen, Kinder und Männer, in Hunger- und Gewaltmärsche durch unwirkliche Landstriche getrieben. Die unendlichen Strecken und bewusst vorenthaltene Verpflegung war die Art von Vernichtung, die von den Türken für die Armenier vorgesehen. Die wenigen, die das Unglück hatten diese Qualen zu überleben, waren meistens Frauen und Kinder. Die Männer hatte man da schon massenhaft am Straßenrand erschlagen. Die Überlebenden gelangten in ein fürchterliches Schicksal. Man verschleppte sie in die Sklavenarbeit und beutete sie bis zu ihrem Tode ruchlos aus, oftmals unter großen Misshandlungen. Jene grausige Sklavenarbeit diente allein dem türkischen Staat. Die Enteignung und Vernichtung der Armenier im Osmanischen Reich stellte die wirtschaftliche Grundlage der späteren türkischen Republik dar. Das Vermögen der Opfer des Völkermords wurde Startkapital für eine türkisch-muslimische Bourgeoisie. Geistiger Kopf und brutaler Macher hinter diesem Völkermord waren der damalige türkische Kriegsminister (1914-1918) Damad İsmail Enver, auch Enver Pascha genannt und sein mörderischer Handlanger, Innenminister Talât Pascha. (Diesen Völkermörder Talât Pascha ereilte sein Schicksal – nach Absetzung und Flucht aus der Türkei – in Deutschland. In der von ihm gewählten Exilstadt Berlin wurde er am 15. März 1921 von einem armenischen Widerstandskämpfer erschossen.)

Räumung armenischer Dörfer. Die Marschkolonnen in den Tod setzen sich in Bewegung. (Foto: Pixabay)

Bis heute weigert sich die türkische Politik, das Regime des Tayyip Erdoğan, aber auch große Teile der türkischen Gesellschaft diese Schuld anzuerkennen. Im Jahr 2016 forderte eine Bundestagsabgeordnete mit Namen Annalena Baerbock vehement dieses Eingeständnis von der türkischen Seite. Ob die Außenministerin Annalena Baerbock solche Forderung im Moment erhebt, ist nicht bekannt, wohl fraglich. Mit einem großen Fan von Enver Pascha, dem türkischen Außenminister und Verächter von Menschenrechten, Mevlüt Çavuşoğlu, steht sie zumindest auf gutem Fuß, könnte ja mal fragen. Allerdings benötigt man Allianzen, da ist die Frage nach Leichen im Keller immer schlecht, weil die irgendwann stinken, so man den Mantel des Vergessens von ihnen herunterzieht. Aber Herr Çavuşoğlu muss sich keine Sorgen machen. Annalena Baerbock ist schließlich eine Grüne und die politische Dehnbarkeit jener Partei hat bekanntermaßen die Spannbreite eines fröhlichen Regenbogens. (Als dieser türkische Außenminister Çavuşoğlu bei seinem Staatsbesuch in Uruguay an demonstrierenden Armeniern vorbeifahren musste, machte er aus seinem Autofenster heraus deutlich eine Geste mit der Hand. Er benutzte zur Verhöhnung der Armenier das Symbol und die Grußformel der faschistischen grauen Wölfe. So viel zu unserem Bündnispartner.)

Lesen!

Wer an dieser Welt nicht verzweifeln will, sich im Tal moralischer Verderbtheit nicht übergeben möchte, der findet immer noch Halt. In Sachen des Völkermordes der Türken an den Armeniern hat dem Volk der Armenier einer ihnen ewige Erinnerung geschaffen. Franz Werfel mit seinem 1933 erschienen Roman „Die vierzig Tage des Musa Dagh“. Eines dieser Bücher, die man im Leben gelesen haben sollte. Werfel reiste im Jahr 1929 durch die Gebiete und über die Wege der Ausrottung. Dadurch war er persönlich tief getroffen und menschlich erschüttert. Bei Heimkehr machte er sich sofort ans Werk, um den Armeniern ein literarisches Denkmal für alle Zeiten zu erschaffen, sie zu ehren und ihr unsägliches Leid dem Vergessen zu entreißen.

*Titelbild: Ewige Flamme im Denkmal- und Erinnerungskomplex für die ermordeten Armenier in Jerewan. (Foto: Pixabay)

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