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Wochenendsplitter II

Der in kurzen Abständen stets von sich selbst besoffene Herr Thelen kündigte an, er würde Deutschland verlassen, so es eine rot-rot-grüne Regierung gibt. Man muss nicht wissen, wer Frank Thelen ist, daher dies zu Erinnerung: FDP-Spender und Herrenreiter, der den Menschen in Afrika die Geburtenkontrolle lehren will und die dafür angeregte Sterilisation per Podcast in genau die Welt bläst, die er nun androht zu verlassen. Jetzt eröffnet sich den Menschen, die als Wähler für das Projekt Rot-Rot-Grün ihren Zettel in die Wahlurne werfen wollen, noch ein zusätzlicher Anreiz. Sie könnten urplötzlich einen Beitrag zur geistigen Durchlüftung unseres Landes leisten und Deutschland von einem seiner lautesten Dummschwätzer befreien. Wenn das kein Grund ist, zur Wahl zu gehen!

Es gibt in Europa nicht nur dumme Rechte, die Linken können da super mithalten. Anne Hidalgo, die Bürgermeisterin von Paris, hat für die Präsidentschaftskampagne 2022 keine reale Chance, deshalb tritt sie an. Die Kandidatin der mittlerweile fast bedeutungslosen Parti Socialiste (PS) kann es nicht in den zweiten Wahlgang schaffen, für den offenbar erneut Emmanuel Macron und Marine Le Pen buchen können. Gefährlich könnte diesem Duo der ehemalige Generalstabschef Pierre de Villiers werden, so dieser kandidiert. Außerdem würde ein Kandidat, hinter dem sich die Linke eint, ebenfalls gute Chancen für die finale und entscheidende Runde haben. Nach dem Stand der Dinge kommt dafür nur Frankreichs Volkstribun Jean-Luc Mélenchon infrage. Ein echter Linker, der den Reichen nehmen will, um den kleinen Leuten zu geben, es mit Umwelt- und Klimapolitik ernst meint, ist natürlich eine Gefahr für jedes europäische Establishment. Man denke nur daran, wie es Jeremy Corbyn in Großbritannien erging. Anne Hidalgo hat die Botschaft verstanden und wird mit ihren Prozenten und Wählern einen Beitrag leisten, Mélenchon zu verhindern. Falls dies nicht reicht, um Mélenchon den Einzug in Runde zwei zu verwehren, steht schon Yannick Jadot bereit, der als Grüner ebenfalls eine Kandidatur erwägt. Die Rechte in Frankreich kann wieder sehr zufrieden sein mit der Linken und deren Zersplitterungseifer, die damit erneut die Rolle des nützlichen Idioten besetzt. Wer in Frankreich Veränderungen will, der kann nicht auf die Linke setzen, der muss wohl auf einen ehemaligen General hoffen. Verkehrte Welt.

Jean-Luc Mélenchon, Screenshot: Sender LN24, 12.09.2021

Wo wir schon in Frankreich sind. Die USA haben sich mit Großbritannien an der Seite in eine vertragliche Partnerschaft gedrängt und Australien dazu gebracht, einen besiegelten Ankauf französischer U-Boote zu verwerfen, das Vertragswerk zu kündigen. In Frankreich ist man erstaunt und empört über die Biden-Politik „America First“. (Da war doch was und wer?) Inzwischen hat Frankreich in einer Ohnmachtsgeste seine Botschafter „zur Konsultation“ aus den USA und Australien zurückgerufen. Dennoch eine recht bemerkenswerte Reaktion. Ist doch Frankreich der älteste Verbündete der USA. Frankreich half entscheidend, mit Geld und Waffen den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gegen die britische Kolonialmacht zu gewinnen. Darüber schrieb übrigens Lion Feuchtwanger mit „Die Füchse im Weinberg“ eine der besten historischen Romane der Literaturgeschichte. Äußerst lesenswert und hiermit empfohlen. Erinnert sei auch an Charles de Gaulle, der den USA nie traute und Frankreich immer auf die Eigenständigkeit einschwor: „Eine riesige atlantische Gemeinschaft unter amerikanischer Führung, die von den USA abhängig wäre, ist bei Weitem nicht das, was Frankreich will.“ De Gaulle hatte auch seine bitteren Erfahrungen mit der US-Einmischung in bestehende Verträge. In dem Fall der Élysée-Vertrag zwischen Frankreich und Deutschland. Dazu und zur US-Hörigkeit deutscher Politik fand der General klare Worte: „Die Amerikaner versuchen, unseren Vertrag seines Inhaltes zu entleeren. Sie wollen ihn zu einer leeren Muschel machen. Das alles, wozu? Weil die deutschen Politiker Angst haben, sie lägen vor den Angelsachsen noch nicht tief genug auf dem Bauch! Sie betragen sich wie die Schweine!“ (Dieses spannende Kapitel europäischer und atlantischer Geschichte wird gut in der de Gaulle Biographie von Johannes Willms behandelt.)

Charles de Gaulle (Screenshot aus Arte-Doku)

Verkehrte Welt in Deutschland. Christian Lindner, dessen FDP, egal wie die Wahl ausgeht, in jeder Dreierkonstellation sicher nur als Nr. 3 oder schwächster Partner in die nächste Koalition eintreten würde, stellt Bedingungen für eine Regierung. Außerdem, wenn man schon mal dabei ist, fordert er für die Zukunft zwei Vizekanzlerposten. Für wen er diesen im Visier hat, muss nicht lange erläutert werden. Der Schwanz bellt und schüttelt also den Hund. Was einige als lächerlich und andere als größenwahnsinnig empfinden, scheint den SPD-Vorkämpfer Olaf Scholz nicht zu stören. Er zieht mit peinlichen Lobhudeleien über und Anbiederungen an die FDP durchs Land. Natürlich weiß er dort bei den Wirtschaftsliberalen um eine neoliberale Politikwelt, womit sich für den einstigen Schröder-Mann der Kreis schließt. Mit der FDP wird es keine Sozialpolitik geben, werden Millionäre und Milliardäre Steuergeschenke bekommen, der Umwelt und dem Klima der Finger gezeigt. So ist sie, die SPD. Statt mutig endlich lebensnotwendige Veränderungen anzugehen, schließt man sich lieber mit der Prätorianergarde des Neoliberalismus zusammen. Wer abends ins Bett geht und denkt, er hätte mit Scholz irgendwie linke Politik gewählt, könnte morgens schon mit weiterem Sozialabbau aufwachen. Gerhard Schröder lässt grüßen.

Egal ob es Armin Laschet oder sonst wen trifft, es bleibt eklig wie unredlich. Kindern Stöpsel in die Ohren tun, damit man sie als plappernde Puppen und Sprechblasen missbrauchen kann, die dann nach der Ehe für alle sowie dem Hambacher Forst oder Hans-Georg Maaßen fragen, also alles typische Kinderfragen, ist miserabler Stil und hat mit Journalismus nichts zu tun. Und Journalisten, die den Beruf noch ernst nehmen, sollten solcher Art Missbrauch nicht noch verteidigen, nur weil daraus einem Kandidaten Ungemach entstanden, den sie nicht mögen.

Screenshot vom Twitter-Account Joe Kaeser:

Weder neu noch erwähnenswert ist die Bildzeitung als Organ der Niedertracht, die ewige Wahrheit von Max Goldt hat bis heute Bestand. Aber bemerkenswert ist eine Reaktion, die schon Verbreitung verdient. Joe Kaeser, ehemals Vorstandsvorsitzender der Siemens AG, heute im Aufsichtsrat der Daimler Benz AG und Aufsichtsratsvorsitzender der Siemens Energy AG, sagt es klipp und klar, völlig unmissverständlich: „Was BILD hier macht, ist Volksverdummung oder – Verhetzung.“ (Bild hatte nur getan, was sie immer tun. Die Äußerung eines Interviewpartners aus dem Zusammenhang gerissen, falsch interpretiert und die Springer/Bild-Wahrheit daraus gegossen, die natürlich alles ist, eben nur nie die Wahrheit.) Kaesers Urteil und öffentliche Ohrfeige wiegt doppelt, da man ihn schlecht mit den üblichen Waffen als Linken oder Vaterlandsverräter diffamieren kann. Nun kann, wer will, noch den Vergleich ziehen zwischen einer Persönlichkeit wie Kaeser und einem Dampfplauderer vom Schlage Thelen. 

*Titelbild: Hebi B. auf Pixabay

 

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