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Wochenendsplitter III

Armin Laschet soll persönlich ein angenehmer Zeitgenosse sein und einnehmend. Darin und in vielem dem SPD-Mann Martin Schulz ähnlich. Für die Höhen der Politik fehlte beiden allerdings das finale Geschick. Die unnachgiebige Härte, die für die Dinge da ganz oben unabdingbar, brachten sie nicht auf. Vielleicht spricht dieser Fehler bei näherer Betrachtung sogar für die beiden. Wie bei Schulz steht die öffentliche Schlachtung auch bei Laschet längst nicht mehr im Verhältnis zu dessen eigentlichen Fehlleistungen, Irrtümern und Torheiten. Die am schlechten Wahlergebnis Schuldigen in der CDU machen jenen Laschet zum Einzeltäter und tragen die Dolche im Gewande. Wer dazu noch einen Freund wie Markus Söder hat, der braucht wahrlich keine Feinde mehr. Die Art, in der sich Schäuble, Bouffier, Merz, Spahn, Brinkhaus, Altmaier, Klöckner usw. reinwaschen, einige darunter auch schon für die Nach-Laschet-Ära aufstellen, ist an Unverfrorenheit kaum zu überbieten. Allerdings übliches Spiel in der Politik. Was Armin Laschet hätte wissen müssen. Wenn nicht, so hätte er Martin Schulz fragen können. Weil wir gerade bei der Unverfrorenheit angekommen sind. Der größte politische Untote des Sauerlandes will offensichtlich erneut CDU-Parteivorsitzender werden. Friedrich Merz und die Bildzeitung arbeiten an einem neuen Wurf. Der wievielte Anlauf? Egal. Noch hat der Bundestagspräsident auf Abruf dazu nichts gesagt, sein Niederlagen anziehender Segen wird nicht auf sich warten lassen.

Skurril der durchaus noch als zukunftstauglich geltende CDU-Mann Carsten Linnemann. Sobald Merz eine Binse absondert, kommt von diesem wie auf Knopfdruck „Merz hat recht“. Statt eigene Akzente in die Landschaft zu setzen und politisch erwachsen zu werden, gibt Linnemann den Enkel, der dem Großvater Friedrich an den Lippen hängt. Wenn Merz zusätzlich in den Medien die Titulierungen „Wirtschaftsexperte“, „Finanzexperte“ oder mancherorts sogar „Wirtschafts- und Finanzexperte“ liest, die seinem Namen gern vorangestellt und worüber wirkliche Könner in der Materie nur herzlich spotten, muss er sich für den größten Weltstaatsmann aller Zeiten halten und täglich daran besoffen werden. Doch kein Schaden ohne Nutzen. Merz Twitter-Team bleibt dem Vaterland bestimmt erhalten und damit manch erhellende Nachricht für dunkle Herbsttage. Erheiterung schafft derweil die Verhandlungsdelegation der CDU für die Sondierungsgespräche. Es ist natürlich von allen die größte Truppe. Wer hat, der hat. Gerüchte, die CDU würde mehr Menschen an den Verhandlungstisch bringen als Wähler an die Urne wurden bis jetzt nicht offiziell bestätigt.

CDU sollte in unserer Zeit ankommen. (Foto: h kama auf Pixabay)

Der CDU täte es in Gesamtheit äußerst gut, endlich im 21. Jahrhundert anzukommen. Schreibt doch am heutigen Tag auf Twitter der CDU Bundestagsabgeordnete Maik Beermann: „Es nervt irgendwie. Mehr Frauen hier, mehr Frauen in Vorstände, paritätisch besetzte Kabinette, mehr Frauen in Aufsichtsräte usw. Ich frage mich, ob Frauen das überhaupt selbst wollen oder alles mediengemacht ist.“ Ein CDU-Mann „fragt sich“ was Frauen wollen. Der Geist gewordene Hirschhornknopf der 50er-Jahre lebt also weiter. Gut zu wissen. Angemerkt soll hier noch folgendes sein. Jener Herr hat in seinem Wahlkreis gerade gegen eine Frau verloren. Eine junge Sozialdemokratin hat bei den Wählerinnen und Wählern besser gepunktet und überzeugt. Das Verfahren „Landesliste“ brachte uns Herrn Beermann allerdings wieder zurück in den Bundestag. In der dortigen CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird Herr Beermann eher auf Applaus stoßen. Der Frauenanteil in der Unionsfraktion beträgt gerade einmal 23 Prozent, die Herrschaft der grauen Herren besteht fort. So sieht die aktuelle Welt der Christdemokraten aus. Deren künftige kann auch nicht viel besser werden, so man den Junge-Union-Chef Tilman Kuban vernimmt, der ein politisches Irrlicht der besonderen Art. Dieser wünscht sich nämlich „einen deutschen Sebastian Kurz für die CDU.“

Den Wissenschaftler, Mediziner und SPD-Abgeordneten Karl Lauterbach muss man oft verteidigen, selbst wo man sich über ihn ärgert. Er war in der Corona-Zeit ein wichtiger Erklärer und Aufklärer, darin auch Nervensäge, weil er einfach kein Maß hat. Der Mahner hat es natürlich immer schwer, kommt nie als Sahne auf die Beliebtheitstorte. Doch Lauterbach triumphierte in seinem Wahlkreis, den er grandios für sich und die SPD gewonnen. Leider kommt umgehend wieder sein fehlendes Maß zum Tragen. Er kann einfach nicht den Mund oder die Füße still halten. Muss sich ständig produzieren. Ein Tag ohne Meinungsäußerung scheint ihm ein verlorener Tag. Da krampft sich einer für Aufmerksamkeit zusammen. Wenn nicht im Interview und/oder einer Talkshow, dann eben Dauerfeuer auf Twitter. Schweigen als politisches Stilmittel und ein Gefühl für das Momentum scheinen ihm völlig fremd. Wo er als Wissenschaftler brillant wirkt, macht er politisch einen amateurhaften Eindruck. Beim Thema Corona verprellte er so oftmals selbst Wohlgesinnte, was verzeihlich. Nun überzieht er leider in anderen Feldern. Was muss er zum jetzigen Zeitpunkt darüber fabulieren, gerne Minister werden zu wollen, sich das Forschungsministerium vorstellen zu können? Olaf Scholz wird über dieses Vorpreschen nur mäßig amüsiert sein und Lauterbach vielleicht damit schon im Abseits. Schade.

Demnächst Kanzlerpartei?

Olaf Scholz muss an dieser Stelle eine gewisse Abbitte geleistet werden. Nichts, was seine frühere politische Arbeit als neoliberaler Trommler an der Seite von Sozialstaat-Zerstörer Gerhard Schröder wegwischt. Aber wie er die SPD und sich aus dem politischen Grab hob und vor drohender Bedeutungslosigkeit rettete, die Schröder-Ära ausblendete, nötigt Respekt ab. Auch auf den GERADEZU-Seiten wurde ihm dies nicht zugetraut und wegen des Versuchs „Kanzlerkandidat“ auch mancher Spott zuteil. Gratulation Olaf Scholz. Das zweitschlechteste Ergebnis der Parteigeschichte sollte die SPD und Scholz dennoch nicht zu einem übermütigen Siegesrausch verführen. Keine Mehrheitsoption für Rot-Grün-Rot empfindet Scholz wahrlich nicht als Unfall. Sein Versagen ist es auch nicht. Dieses liegt allein bei der Linkspartei, natürlich auch bei den Grünen. Diese Linkspartei hat sich überlebt. Beweis dafür nicht die beiden Damen an der Spitze oder der sich selbst genügende Alleinunterhalter Gregor Gysi, sondern der ewige Dietmar Bartsch, der wohl schon alles in dieser Partei war. Ein freundlicher Herr, der in einer Mischung aus Mandatssättigung, Bürokrat und müdem Apparatschik mit sich recht zufrieden wirkt, dabei jede Notwendigkeit zur neuen politischen Ausrichtung dieser Partei schlafmützig vorbeistreifen ließ. Die Signale wird diese Sorte Politiker nie hören. Die Linkspartei jedenfalls Geschichte.

Über die Sonnenblumen weht der Wind der FDP. (Foto: Peggychoucair auf Pixabay)

Signale scheinen auch einige Funktionäre der Grünen nicht wahrzunehmen. Nicht einmal jene der eigenen Basis und Wählerschaft. Sonst hätten sie das Schmierentheater der angeblichen Option „Jamaika“ längst kraftvoll beendet. Egal ob davon nun der Ministerpräsident Winfried Kretschmann träumt oder das Gespann Habeck/Lindner sich dem Publikum noch eine Weile als neue Könige von Deutschland zum Besten geben möchten. Ein deutliches Eintreten für die Ampel wäre bei allen zu erwartenden Komplikationen wenigstens ein Zeichen und Versuch, den Wählerwillen in aktive Politik umzusetzen und Wandel und Aufbruch angehen zu wollen. Dieses rumeiern mit Jamaika zeigt eher, es geht bei den Grünen eben doch nicht nur um Klima, Umwelt oder eine bessere Welt, sondern um Posten und künftige Pfründe. In dieser Art Heuchelei passt man wie der Topf zum Deckel FDP. Eben doch nur FDP mit Sonnenblume.

*Titelbild: Hebi B. auf Pixabay

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