Die Pest
Einst hat ein Mann die Pest gesehn
Frühmorgens über die Felder gehn,
Die Hähne krähten ihr heiser und schwach,
Misstönig knurrten die Hunde ihr nach.
In meinem grauen Bettelkleid,
Gebückt, so hinkte sie über die Heid,
Nach allen Seiten sorgsam dreht‘
Ihr rotes Auge sie und späht‘ —
Und wo ein Dorf von fern sie sah,
Still nickend stehen blieb sie da
Und nestelt‘ hüstelnd am Gewand
Und suchte fingernd mit der Hand
Und wedelt‘, wie man Mücken schreckt,
Ein gelbes Tuch, mit Blut befleckt
Dreimal und schnell, — noch einen Fluch
Murrend, dann barg sie rasch ihr Tuch.
Und weiter hinkte sie am Stab:
Wohin sie stieß, sank’s ein zum Grab,
Wohin sie winkte, Haus um Haus
Starb Dorf um Dorf zum Abend aus.
(Ferdinand Ernst Albert Avenarius)
*Beitragsbild: Die Pest von Asdot (Maler: Nicolas Poussin)